Emotionale Intelligenz in
einer Gesellschaft: Umsetzung
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Auf einer
vorhergeneden Seite wurde beschrieben, was im Kontext
neuronal intelligenter Unternehmen unter emotionaler
Intelligenz zu verstehen sei und welche Aufgaben eine
emotionale Intelligenz in Gesellschaften unter
Unternehmen erfüllt, nämlich:
- In
der emotionalen Intelligenz müssen möglichst
viele Fakten, Daten und Wissensfragmente
zusammenfließen. Wissen über
gegenwärtige Abläufe, über einlaufende neue
Informationen, über Erinnerungen etc. Als Teil
dieses Wissens sind auch Handlungsvorschläge zu
betrachten.
- Die
Handlungsvarianten müssen
bewertet werden.
- Die
emotionale Intelligenz muss eine ausführende
Gewalt gegenüber dezentralen
Einzelfähigkeiten sein.
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Emotionale Intelligenz: Begriffsklärung Einige Bilder und Animationen
über intelligente Unternehmen
Technologiereflexion?
Zukunftsgestaltung aus eher datentechnischer
Sicht (3D-Bastelkasten)
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Auf dieser
Seite nun soll gezeigt werden, dass der alltägliche
Kulturbetrieb genau diese drei Aufgaben
erfüllt. Kultur ist Wissensarbeit - Knowledgework. Am
Beispiel der Diskussion um die Klimapolitik soll
zunächst der bestehende Kulturbetrieb einer Gesellschaft
skizziert werden. |
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Die
aktuelle Debatte um die beste Klimapolitik
ist äußerst vielschichtig und jede einzelne Person die
vorgibt die Patentlösung zu besitzen dürfte keine
besonders große Glaubwürdigkeit besitzen. Die seriöse
Behandlung dieser Frage dürfte aufgrund ihrer
Komplexität und der Fülle an Fakten, denkbaren
Interpretationen, Prognosen, Szenarien und vor allem an
der Bewertung möglicher Szenarien bei weitem die
Möglichkeiten einzelner Personen überschreiten. Die
Bearbeitung dieser Frage ist eine Aufgabe, die
Datenverarbeitungskapazitäten erfordert, die eher durch
ganze Gesellschaften denn durch wenige Personen erbracht
werden können. Es ist unsere kollektive, kulturelle
Intelligenz die gefordert ist. Betrachten wir nun die
drei Aufgaben emotionaler Intelligenz und ihre
Bewältigung durch den Kulturbetrieb im einzelnen: |
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Klimapolitik als
gesellschatliche Herausforderung Zeitunsmeldungen über den
Klimawandel (2001)
Satire: Die Wattmangrove in
Ostfriesland
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1.
Der Zusammenfluss verteilten Wissens
Unter dem Stichwort Klimadebatte werden eine Vielzahl
von denkbaren Einzelmaßnahmen
angesprochen:
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<= Relevante Entscheidungen im Rahmen der Klimadebatte |
- Der Kraftstoff für Kraftfahrzeuge
wird weiter verteuert.
- Kerosin für Flugzeuge wird
versteuert.
- Die Versiegelung von Flächen
wird mit einer erheblichen Geldabgabe belegt.
- Die Atomkraft wird als
klimaneutrale Energiequelle stark ausgebaut.
- Der Ausbau von Flughäfen und Autobahnen
wird erheblich eingeschränkt.
- Innenstädte werden weiter
fahrrad- und fußgängerfreundlicher gestaltet
- Der Bund übernimmt Hermes-Bürgschaften
für riskante Windenergieprojekte im Ausland
- Die deutsche Außenpolitik
drängt massiv auf internationale
Klimaschutzprogramme
- In der Ausbildung von Ärzten werden verstärkt Tropenkrankheiten
behandelt.
- Es werden frühzeitig Nothilfefonds für die Wintersportindustrie
in den Alpen eingerichtet
- Für den Küstenschütz werden
größere Geldsummen in der Finanzplanung von
Bund und Ländern eingeplant.
- Für neu zu bauenden Kraftwerke
werden erhöhte Wirkungsgrade oder eine
Kraft-Wärme-Kopplung zwingend vorgeschrieben.
- Es wird der Handeln mit begrenzten Emissionszertifikaten
an der Börse eingeführt.
- Die Forschungsgelder für die Klimaforschung
werden drastisch aufgestockt (oder reduziert).
- Soll Deutschland auch im politischen Alleingang
ohne andere Nationen klimaschützende Maßnahmen
umsetzen?
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2000: Klimagipfel gescheitert:
das Aspen Papier... 1997: Sollen Deiche an der
Nordsee gezielt geöffnet werden?
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Über
solche Fragen zu entscheiden ist unter anderem Gegenstand
dessen, was zur Zeit (2002) als Klimadebatte bezeichnet
wird. Nun folgen einige Beispiele für relevantes
Wissen welches für die Güte der Entscheidungen
von Bedeutung sein kann: |
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<=
Relevantes Wissen für gute Entscheidungen zur
Klimadebatte |
- Forschungsergebnisse: wie können
wir einen Klimawechsel erkennen:
Pflanzengemeinschaften, Gletscherrückgang,
Temperaturmessen der Luft, tropische Muscheln in
der Nordsee?
- Forschungsergebnisse über die
Wirkung von Methangas als
"Klimakiller"
- Forschungsergebnisse aus der Geologie,
Paläontologie, Paläoklimatologie etc. über den
Ablauf und die Folgen vergangener
"fossiler" Klimawechsel
- Forschungsergebnisse über
bestimmte Verbindungen, die Klimakiller
in der Atmosphäre abbauen können
- Forschungsergebnisse über den Wärmehaushalt
der Ozeane
- Forschungsergebnisse über die
Kapazität der Ozeane CO2
zu speichern
- Studien über die Machbarkeit von Offshore-Windparks
- Studien über die Kosten
regenerativer Energien
- Abschätzungen über denkbare Schadenserzsastzforderungen
seitens der Industrie falls man bestimmte
Energiearten reduzieren möchte
- Abschätzung der Wirkung des Europäischen
Rechts auf bestimmte Steuern oder
Beihilfen im Energiesektor
- Abschätzung der Auswirkung von Benzinpreiserhöhungen
auf das Konsumverhalten der Verbraucher
- Studien über die ökologische
Gesamtwirkung klimaschützender
Maßnahmen, z. B: beeinträchtigen
Offshore-Windparks in der Nordsee Zugvögel,
Robben oder Wale?
- Abschätzung der Bereitschaft von Privatpersonen,
sich mit eigenen Kosten am Klimaschutz zu
beteiligen
- Abschätzung der politischen
Umsetzbarkeit klimaschützender
Maßnahmen: wird man meine Partei trotz der
unpopulären Maßnahmen wieder wählen?
- Szenario: wie wird die Landwirtschaft in
Deutschland während und nach einem Klimawandel
aussehen?
- Szenario: wie wird der Tourismus in
Deutschland während und nach einem Klimawandel
aussehen?
- Szenario: welche Flüchtlingswellen
sind zu erwarten? Wird Holland halten? Werden
Hamburg, Emden und die friesischen Inseln zu
halten sein?
- Szenario: Welchen Einfluss auf die Seefahrt
wird ein gestiegener Meeresspiegel haben?
- Szenario: wie hoch werden die Versicherungsprämien
für Naturkatastrophen ausfallen?
- Szenario: welche Kosten für internationale Hilfsmaßnahmen
kommen auf Deutschland zu?
- Mit welchen politischen Folgen
ist zu rechnen, wenn ganze Regionen verelenden
oder neue Regionen zu Reichtum gelangen?
- Wird Amerika im Falle einer
eigenen Schädigung durch den Klimawandeln
vielleicht einmal rigoros - auch militärisch -
Klimaschutzmaßnahmen erzwingen?
- Szenario: Auswirkung des Klimawandels auf die Fischereiindustrie
- Szenario: Auswirkung des Klimawandels auf die Krankenkassenbeiträge:
wird es mehr Allergien aber weniger Eisunfälle
geben?
- Handlungsvorschlag: Stromerzeuger
die auf der Basis fossiler Energien arbeiten
werden in der Regeln versuchen, den
Klimaschädlichkeit ihres eigenen Tuns in Frage
zu stellen oder offen zu leugnen. Die
Handlungsvarianten rangieren dann von
"weiter wie bisher" bis zu
"...aber nicht im Alleingang
Deutschlands".
- Handlungsvorschlag: Forschungsinstitute erzeugen
eher differenzierte Sichten, bei denen eine
Fülle schwer abwägbarer Einflüsse aufgelistet
werden. Dies mag zum einen dem tatsächlichen
Wissenstand entsprechen, sichert aber auf der
anderen Seite auch die Grundlage für weitere
Forschungsanträge.
- Handlungsvorschlag: Umweltschutzvereine
erzeugen Lösungen unter einer starken Wichtung
rein ökologischer Aspekte.
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Artikel aus "Der Spiegel"
(2000): auf der Erde wird es immer wärmer Artikel aus "Der Spiegel"
(2000): die Tundra taut auf
Artikel aus den Aachener Nachrichten (2001):
Bundesumweltminister Jürgen Trittin
gibt Alarm
Gibt
es einen Notfallplan für den
Klimawandel?
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Die oben
genannten Themen müssen möglichst vielen Personen
bekannt gemacht werden, sie müssen in einer Weise
veröffentlicht werden, die möglichst vielen Personen
eine Abschätzung des Bedeutungsgehaltes der Fakten
ermöglicht. Je nach Inhalt des Arbeitsraumes können
einzelne Personen oder Gruppen neue Fakten
hineinzustellen versuchen. Das vollbringt Kultur. Kultur
ist ein gemeinsamer Arbeitsraum in den
man Fakten hineinstellen kann um sie dort vom
Kulturbetrieb bearbeiten zu lassen. Hierzu Beispiele: |
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<= Kultur
als gemeinsamer Arbeitsraum |
- Wenn in der "Lindenstraße"
oder einer anderen Soap Opera alleine nur die
Worte "Bodenversiegelung",
"Ökosteuer" oder
"Treibhauseffekt" fallen, so wird einer
breiten Zuschauerschaft die Existenz solcher
Themen bewusst.
- Wenn die "Bild Zeitung"
gegen eine bestimmte Maßnahme wettert, dann
können Politiker dies im Sinne eines
Stimmungsbarometers dahingegend deuten, dass die
meisten Menschen diese Maßnahme eher ablehnen.
Diese Tatsache steht dann im Arbeitsraum.
- Wenn der Held eines Kriminalfilms
nicht einen spritfressenden Statussysmbolwagen
fährt, sondern einen Kleinwagen, dann stellt
dies vielleicht implizit die Hypothese
"Kleinwagen sind klimafreundlicher" in
den Raum.
- Jean Pütz oder Peter
Lustig (Löwenzahn) in ihren
Fernsehsendungen alternative, unter anderem
klimafreundliche, Lebensweisen in den gemeinsamen
Arbeitsraum.
- Ein Katastrophenfilm über
Flutwellen stellt denkbare (vielleicht
übertriebene) Auswirkungen eines Klimawandels in
den Arbeitsraum.
- Der Schicksalsbericht eines Skiliftbetreibers
aus dem Schwarzwald in einer Zeitung stellt
mögliche Auswirkungen eines Klimawandels in den
Arbeitsraum.
- Plakate von politischen Parteien
über Warnungen hinsichtlich des
Treibhauseffektes stellen die Dringlichkeit der
Thematik in den Arbeitsraum.
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2.
Das Bewerten von Handlungsvarianten
Dies ist die eigentliche Wissensarbeit des
Kulturbetriebes hinsichtlich der emotionalen Intelligenz
von Gesellschaften: in der öffentlichen Diskussion, im
Kulturbereich befinden sich nun alle oben genannten
Fakten. Es muss jetzt für den Fortgang des
Entscheidungsprozesses ständig neu zweierlei bewertet
werden:
- Priorisierung:
Welche Aufmerksamkeit sollten bestimmte Themen,
Fakten, Meinungen etc. in der laufenden
Diskussion erhalten?
- Favorisierung:
Welche gesamtgesellschaftliche Akzeptanz im Sinne
eines umsetzbaren Ergebnisses erzielen einzelne
Handlungsvarianten?
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<= Beispiele für die Bewertung von
Inhalten des gemeinsamen ArbeitsraumesSocial Programming, zelluläre
Individuen, Menschen als autarke Agenten: eine Phantasie
(Prof. Hans)
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Zunächst
einige Beispiele, wie der Kulturbetrieb für die Priorisierung der
Aufmerksamkeit von Gesprächsthemen sorgen kann. Eine
solche Priorisierung ist wichtig, da Aufmerksamkeit eine
sehr begrenzte Ressource ist und wohl disponiert werden
muss.
- Tabuisierung,
darf nicht behandelt werden: Themen, Stichworte
oder Ansichten die von einer Gesellschaft als
nicht diskussionswürdig erachtet werden tragen
das Stigma des Tabus. Ihre Priorität ist Null.
Tabus wirken auf der Ebene einzelner Personen,
die eine Scham oder Angst verspüren, mit
bestimmten Stichworten in Verbindung gebracht zu
werden. Noch in den 1970er Jahren war das Wort
"Ökologie" für weite Bereiche ein
Tabu. Man musste sich sicherlich gut überlegen,
ob man sich in einem Vorstellungsgespräch zu
einer ökologischen Lebenseise bekennen wollte
oder nicht.
- Tabubruch:
Diskussion erlaubt. Meist bedarf es für einen
Tabubruch martyrerhafter Personen die unter
Mißachtung ihres eigenen gesellschaftlichen
Ansehens gewisse Aspekte erst einmal in das
öffentliche Bewusstsein rücken. In den 1970er
Jahren waren die für den Gedanken des
Umweltschutzes unter anderem Liedermacher,
Aktivisten in Bürgerinitiativen, bewundernswerte
Sonderlinge mit viel Fachwissen oder -können
(Jacques Cousteau, Hoimar von Ditfurth). Der
Status eines frisch in den kulturellen
Arbeitsraum zugelassenen Themas zeichnet sich
dadurch aus, dass man entsprechende Stichworte
oder Symbole hin und wieder flüchtig wahrnimmt.
Wenn etwa in der "Lindenstraße"
nebenbei eine gleichgeschlechtliche Ehe erwähnt
wird, dann kommt dies einem Beitrag zum Tabubruch
gleich. Oft scheint sich ein Tabubruch in der
Welt der Erwachsenen in der Welt der Kinder vorab
anzudeuten: Im "Feuerroten Spielmobil",
der "Rappelkiste" und bei
"Peter Lustig" gab es schon
ökologisch korrektes Verhalten lange bevor das
Thema in "Erwachsenenfilmen"
salonfähig wurde.
- Humorstatus:
in Filmen werden bestimmte Themen als Gegenstand
eines eher freundlichen Humors benutzt. Gegen
Ende der 1970er und in den 1980er Jahren gab es
in vielen Filmen etwas verschrobene aber im
Grunde liebenswürdige "Alm-Öhis" oder
"Öko-Freaks". Diese Personen trugen
meist Sandalen, und selbstgestrickte Pullover,
aßen Müsli (Körnerfresser) und hatten einen
deutlichen Bart. Frauen trugen lange, luftige und
wallende Kleider. Bevorzugtes Fortbewegungsmittel
war die Ente (Citroen 2CV). Die dargestellten
Personen waren eher Aussenseiter denn
Mainstreamkarrieristen. Ihre Duldung in Filmen
oder Büchern signalisierte die zunehmende
Duldung ökologischer Themen in öffentlichen
Diskussionen.
- Dramatisierung:
wird ein Thema durch Filme oder Bücher mit dem
erkennbaren Anspruch einer gewissen
Ernsthaftigkeit dramatisiert, so signalisiert
dies gewisse Dringlichkeit der Behandlung. Im
Falle der Friedensbewegung haben Filme wie
"The Day After" oder das Buch
"Ende" von Anton Andreas Guha eine
solche Rolle gespielt.
- Verlangweilung:
Soll ein Thema eher weniger behandelt werden,
sinkt es also in der Priorisierung wieder ab ohne
aber tabuisiert werden zu sollen, so werden
solche Themen in Filmen am ehesten durch
liebenswürdige oder rundum normale Personen
symbolisiert denen man aber in der Handlung eines
Filmes oder Buches keine große Bedeutung
beimisst. Die Themen die ein Statist in einem
Film oder Buch repräsentiert, sind auch die
Statistenthemen in der öffentlichen Diskussion.
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Suchtipp Internet: Georg Franck
beschäftigt sich seit etwa 1989 mit der "Ökonomie
der Aufmerksamkeit". Er hat mehrfach publiziert. Filmtipp: in dem Film "Was nicht
passt wird passend gemacht" aus dem Jahre
2002 wird auf leicht gehässige aber doch freundliche
Weise der Archetyp des "körnerfressenden
Ökos" auf die Schippe genommen.
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Vielfach
in einem fließenden Übergang mit der Priorisierung der
Diskussionswürdigkeit von Themen steht die direkte
Bewertung einzelner Aussagen oder Fakten hinsichtlich
Ablehnung/Akzeptanz des eigentlichen Inahltes, also die Favorisierung.
Auch hierzu einige Beispiele: |
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- Wenn der Held eines Krimis oder Abenteuerfilms
ganz beiläufig Müsli isst, so
kommt dies einer Aufwertung des ökologischen
Gedanken gleich.
- Wenn Firmen zunehmend die Farbe grün
in ihren Logos und Corporate Identies verwenden,
so wertet auch dies den ökologischen Gedanken
auf.
- Wenn in einer Heimatschnulze im
Hintergrund einer Landschaft Windräder gezeigt
werden, so kommt dies einer Aufwertung des
ökologisches Gedankens gleich.
- Wenn die Automobilwerbung
Leistung, Geschwindigkeit, persönliche Freiheit,
Ja-zur-Mobilität und Offroad-Performance in
ihrer Werbung in den Vordergrund stellt, so kommt
dies einer Abwertung des Klimaschutzgedankens
gleich.
- Wenn in einer Soap Opera wie selbstverständlich
über der Fernurlaub von
Personen gesprochen wird ohne dass dabei
schmunzelnd oder ernst der Aspekt des
Klimaschutzes erwähnt wird, so kommt dies einer
Abwertung der Berechtigung von Zweifeln an der
Klimaverträglichkeit des Flugverkehrs gleich.
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Sehr viel
offener und direkter wirken Talkshows:
Hier werden Personen oder Politiker als symbolische
Repräsentanten einer Meinung oder Sicht ganz offen in
die Bewertungsarena der öffentlichen
Informationsverarbeitung gestellt. Die Gestik und Mimik
aber auch der Inhalt der gesprochenen Worte der
Zuschauer, des Talkmasters oder anderer
Diskussionsteilnehmer nimmt hier eine sehr unmittelbare
Bewertung vor. |
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Der
Prozess der Bewertung ist iterativer Natur.
Stellt ein Partei etwa ein bestimmtes Konzept zur
Vermeidung von Müll in den kulturellen Bewertungsraum,
so kann die Urteilsfindung durch den Kulturbetrieb
durchaus bewirken, dass ein erneuter Vorschlag durch die
Partei eingestellt und verarbeitet wird. |
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Allgemein
kann man über die Bewertung von Inhalten des
öffentlichen Kulturbetriebes sagen:
- Die Sprache ist oftmals sehr indirekt, es werden
eher symbolhafte Handlungen, Gesten oder
implizite Bewertungen ausgeführt.
- Die Vorgängen sind einer breiten Öffentlichkeit
verständlich. Es gibt keinen ausgrenzenden
Fachjargon.
- Es gibt keine strikt formalisierten Abläufe.
- Je offener gesprochen werden kann, je weniger
Tabus existieren, desto mehr Meinungen und Fakten
fließen in der Meinungsbildung zusammen, auf
desto breiterer Basis stehen die Ergebnisse.
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Die innere Demokratie von
Unternehmen Die Symbollogik von
Wissensarbeit
Miteinander Reden: die Sicht vom inneren
Team eines Menschen
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3.
Die ausführende Gewalt
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Abschließend
soll kurz betrachtet werden, wie das Geschehen im
kulturellen Arbeitsraum in ausführbare Handlungen
umgesetzt wird. Dabei gehe ich von offenen,
demokratischen, pluralistischen Gesellschaftsformen aus. |
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- Wahlverhalten: Der Erfolg von
Parteien in Wahlen dürfte sehr stark durch
kulturelle Abläufe geprägt sein.
- Öffentlicher Druck: Menschen
empfinden die Meinung der Mitmenschen oft als
Maßgabe für ihre eigenen Wertesystem. Viele
Menschen dürften ihre Handlungen durchaus am
Urteil der Mitmenschen ausrichten. Und hier sind
es gerade die Talks Shows und Soap Operas die
diese öffentliche Meinung vergegenständlichen.
Was die Haupthandlungsträger in der "Lindenstraße"
tun, das darf getan werden. Was sie meiden, das
hat man auch selbst zu meiden. Hält man sich
daran, gerät man kaum unter öffentlichen Druck.
- Nachahmungseffekt: Ähnlich wie
der öffentliche Druck funktioniert dieser
Effekt. Viele Menschen tun das was alle Tun.
Ernährt sich der Kapitän vom Traumschiff
bewusst ökologisch, so werden dies viele
Menschen zumindest einmal probeweise nachahmen.
- Voreilender Gehorsam: der
Kulturraum ist ein Stimmungsbarometer für
Meinungen. An den Schlagzeilen der Bild Zeitung,
dem Verhalten der Soap Opera Schauspieler und den
Personen einer Talkshow aber auch an den
verkörperten Persönlichkeiten von Kinohelden
kann jeder den momentanen Wertekanon einer
Gesellschaft ablesen. Konservative Politiker
haben nun die Aufgabe, den Status Quo der
kulturell definierten Werte umzusetzen.
- Konsumverhalten: Der Einzelne
kann frei entscheiden, ob er ökologisch
produzierte Nahrungsmittel und fair gehandelte
Ware kaufen möchte oder nicht.
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Spielt Geld als kulturelles Hormon eine
wesentliche Rolle bei der Umsetzung kultureller
Entscheidungen? |
Sollte der
Kulturbetrieb als Ganzes tatsächlich eine wesentliche
Rolle für den Erfolg einer Gesellschaft spielen, so
leitet sich daraus eine sehr positive
Schlussfolgerungen für das Selbstwertgefühl
von Menschen ab. |
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<=
positive Schlussfolgerung |
Denn
manche Menschen glauben, dass Computer und gengezüchtete
Chimären den Menschen bald in allen Leistungsbereichen
übertreffen werden. Dies mag stimmen, wenn man den
Menschen als Einzelindividuum betrachtet. Es wird bald
Computer geben, die Texte schneller und besser
übersetzen können als wir, die eigenständig komplexe
technische Planungen durchführen können oder Musik
komponieren. Das führt zu dem düsteren Gedanken,
dass die Menschheit bald durch Computer überflüssig
gemacht werden könnte. |
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Der Mensch als bloßer Kostenfaktor
(2002)? |
Wenn aber
der Kulturbetrieb ein gut funktionierendes
Informationsverarbeitungssystem für das darstellt, was
man als emotionale Intelligenz einer Gesellschaft
bezeichnet, dann könnte es durchaus sein, dass man zwar
zukünftig tatsächlich 99% der Arbeiten die jetzt noch
von Menschen verrichtet werden an Computer abgibt. Aber
die für die Menschen gewonnene Zeit müsste nicht in
müßigem Nichtstun vergeudet werden. Vielmehr wären die
Menschen in einem regen Kulturbetrieb engagiert, der
letztendlich die Geschicke des Staates oder besser gesagt
größer Ökonomien beeinflusst. |
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Theo Gehm zeigt in einer Habilitation von 1995
wie Gruppen von Menschen einem neuronalen Netzwerk gleich
besonders gut mit diffusiven Aufgaben
und unklaren Lösungswegen umgehen können. |
Es könnte
also durchaus sein, dass Ökonomien bewusst einen großen
Anteil an biologisch lebendigen Menschen beherbergen und
diffuse Entscheidungsprozesse, die man nicht gut
algorithmisieren kann, diesen überlassen. Der
menschliche Kulturbetrieb als ökonomischer Evolutionsvorteil
im wirtschaftlichen Friß-oder-Stirb-Betrieb der
Marktwirtschaft? |
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Communities als Gegenstand der Forschung:
Communities and Technologies (C&T) - International
Conference, Amsterdam, 19-21 September 2003 |
Vielleicht
sieht unser Alltag der Zukunft so aus,
wie die alten griechischischen Philosophen lebten
(zumindest in unserem Idealbild): morgens gesund
ausschlafen, gut frühstücken, dann etwas
philosophieren, Siesta, nachmittags auf der Agora mit
anderen Philosphen und sonstigen Kulturteilnehmern
diskutieren. Abends: Kultur am Stammtisch, Kino, Theater,
virtuelle Diskussion im Themorama oder sonst etwas. Und
das Ganze wäre wichtig, dass eine Ökonomie gut
funktioniert. Man könnte tun was man will und würde
sich dennoch nützlich fühlen. Vielleicht. |
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