Chronik einer
Endomorphose, 25. Februar 2001 Wo ist der Notfallplan für einen
Klimawandel? |
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Obzwar in wissenschaftlichen
Veröffentlichungen über die Wahrscheinlichkeiten und
vor allem die denkbaren Folgen eines Klimawandels die
Meinungen weit auseinandergehen, überwiegt in Zeitungen
und Radiobeiträgen zunehmende der Tenor, daß ein Klimawandel
fast sicher kommen werde. Umso verwunderlicher ist es, daß sich die öffentliche Diskussion vor allem um Fragen der Zwangsläufigkeit und den Zeitablauf dreht. Hilft es, wenn Deutschland den CO2-Ausstoss reduziert, derweil China und Amerika nicht daran denken? Schmelzen die Gletscher in 100 oder in 1000 Jahren? Welchen Einfluss hat Methan auf den Treibhauseffekt? Was sind die Mechanismen eines Meeresspiegelanstiegs? Extrahiert man die Essenz aus verschiedensten Pressebeiträgen, so gewinnt man den Eindruck, daß Deutschland zwar die Gefahr durchaus ernstzunehmen bereit ist, aber auf die internationalen Entscheidungsträger nicht bereit sind, wirksame Maßnahmen zu ergreifen. Glaubt man dem mittleren Meinungsbild von Zeitungen, Maganzinen und Radiobeiträgen, dann kann man einzig und allein den Schluß ziehen, daß ein Klimawandel definitiv kommen wird. Also, so sollte man weiter denken, wäre es an der Zeit, die denkbaren Folgen bereits jetzt in die langfristige Politik einzubeziehen:
In einem Buch über den Reichskanzler Otto von Bismarck (1815-1898) las ich einmal, daß dessen Erfoglsgeheimnis nicht darin bestanden haben soll, daß er immer wußte wie man siegt, sondern vor allem darin, daß er für jeden denkbaren Mißerfolg einen Plan hatte. Er konnte jederzeit, wenn ein Krieg oder ein diplomatisches Zauberkunststück schlecht laufen sollte, einen vorteilhaften Rückzieher machen. Hieran aber mangelt es heute. Ich glaube, daß die Menschschheit druchaus mit einem auch dramatischen Klimawandel wird umgehen können. Unsere technologischen und administrativen Fähigkeiten würden es jederzeit erlauben, landwirtschaftliche Anbaugebiete im großen Stil umzuverlegen. Auch die Umsiedlung von Millionen von Menschen wurde im 20. Jahrhundert mehrfach praktiziert (z. B: Vertreibungen im 2. Weltkrieg, Bevölkerungsaustausch Türkei-Griechenland um 1920) und führte an sich nie zum Zusammenbruch eines Landes. Die Niederlande beweisen, daß man auch weite Flächen eines Landes weit unter dem Meeresspiegel bewohnen kann. Die USA beweisen, daß man in fast allen Klimazonen eine florierende Wirtschaft betreiben kann und selbst wiederholte Wirbelstürme keine technologische Zivilisation ernsthaft bedrohen. Aber: der Wandel wird Geld kosten und vor allem wird er, und das ist viel gravierender, die Profiteure des momentanen Status Quo benachteiligen. Hierin ist die eigentliche Gefahr eines Klimawandels zu sehen. Nicht die Auslöschung der Menschheit oder die Zerstörung einzelner Staaten bedroht uns. Vielmehr muß man Angst davor haben, daß die Nutznießer der gegenwärtigen Wirtschaftsstrukturen ihren Einfluß auf die Politik solange dazu nutzen nichts zu ändern, bis die Änderungen dann nicht mehr auffschiebbar sind. Der momentane Skandal um die Rinderseuche BSE ist eine erschreckende Warnung, was passiert wenn man frühzeitige Anzeichen nicht ernst nimmt. Der Nutzen eines jahrzehntelangen billigen Fleischkonsums verkehrt sich nun in sein Gegenteil:
Eskaliert ein lang erahntes Problem plötzlich zur Krise, dann ist kein Spielraum mehr für überlegtes, geplantes Handeln. Dann sind ad hoc Maßnahmen unumgänglich, dann werden plötzlich Menschen zur Kasse und Verantwortung gebeten, die vorher eher zu den Mahnern gehöhrten, dann sind politische und finanzielle Ungerechtigkeiten nicht zu vermeiden. Und im Bezug auf die denkbaren Folgen eines Klimawandels dürfte sich der heutige BSE-Skandal eher klein ausnehmen. Denn wenn auf einmal große Menschenmassen in Bewegung geraten, wenn auf einmal politische Krisen entstehen, wenn sich Nationen gegenseitig die Schuld zuschieben und drastische Maßnahmen einfordern oder diese verweigern, dann droht die Gefahr eines internationalen Chaos. Im schlimmsten Fall sind Wirtschaftszusammenbrüche und Krieg denkbar. Aber all das wäre vermeidbar, wenn man bereits jetzt entsprechende international abgestimmte Pläne für den Notfall einrichtet. In der Presse hört man über solche Bestrebungen aber leider nichts. |
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