Eine Analyse der
"Betriebskosten" zeigt, daß rund 70% der
Gesamtkosten reine Personalkosten sind.
Der Rest verteilt sich auf Unterhaltungsarbeiten am
Gebäude, Verbrauchsstoffe, Versicherungen etc.
Hier also gilt es zuerst, kritisch zu hinterfragen.
Sicher ist: wenn Sie das Personal von
heute auf Morgen um 20 Prozent kürzen,
kann der Betrieb ohne deutlich erkennbare Mängel
weiterlaufen. Das Essen wird weiterhin gekocht werden,
die Betten werden gemacht, der Park wird nicht
schlagartig vernachlässigt erscheinen, das Gebäude wird
nicht plötzlich zusammenfallen und auch der
Restaurantbetrieb kann mit weniger Bedienpersonal
gemanagt werden. Mit agressiver Ehrlichkeit unterbreiten
Sie diesen Gedanken dem Personal. Nach einer belebten
Diskussion notieren Sie sich die folgenden Fragen:
- Das Personal wird insgesamt etwas mehr unter Zeitdruck
arbeiten. Nun gibt es zwei denkbare Varianten.
Falls Ihre Mitarbeiter bisher eher auf eine
"ruhige Kugel" auswaren und freie
Minuten zu Müßigängerei und Schlendrian
nutzten, wird eine kleine Entlassungswelle nicht
wesentlich das Maß der erledigten Arbeit und
deren Qualität beeinträchtigen. Sie hätten
somit etwas gewonnen. Vielleicht aber hatte das
Personal aus preußischem Pflichtgefühl und
Loyalität zum Haus bisher jede freie Minute
sinnvoll genutzt: Hier ein wohltuendes Gespräch
mit einem Gast, dort das Experimentieren mit
neuen Rezepten, Zutaten oder Lieferanten für den
Kochbetrieb. Das Zimmerpersonal sich vielleicht
zur freiwillen Beaufsichtigung der Kinder von
Gästen an, der Gärtner nahm sich etwas Zeit, um
einem Gast einige schöne Ausflugsziele zu
beschreiben. Und ein älterer Mitarbeiter hatte
immer ein offenes Ohr für die privaten Sorgen
seiner Kollegen (Psychosomatikvorbeuge?) und
sorgte sorgte auch ansonsten für ein gutes
Betriebsklima. Falls dies alles der Fall, könnte
eine Reduzierung des Personals zu einer
Verschlechterung des Betriebsklimas, einem
erhöhten Krankenstand und einer geringeren
Qualität der Arbeit führen. Wie aber wollen Sie
beurteilen, wie effektiv Ihr Personal bisher
arbeitete?
- Die Klientel schätzt vor allem die ruhige und persönliche
Atmosphäre des Hauses. Zwischen
Personal und Gästen existiert vielfach eine
persönliche Beziehung. Weniger Personal heißt
weniger Zeit für solche Beziehungen, heißt mehr
erkennbare Betriebsamkeit und heißt vielleicht
auch mehr Fluktuation. Ein wesentlicher
Wettbewerbsvorteil des Unternehmens wäre
gefährdet.
Weniger Personal heißt gegebenfalls
weniger Qualität. Gegebenenfalls muß
auf die zeitintensive Auswahl der Essenszutaten
und deren sehr zeitaufwendige Zubereitung
teilweise verzichtet werden. Inwiefern die Gäste
dies merken und ob sie dann den Einsparungen
entsprechend weniger Geld im Restaurant lassen
würde ist allerdings fraglich.
Das Gebäude und der Park
wären eventuell schlechter gepflegt. Dies muß
sich nicht dramatisch bemerkbar machen. Aber der
ein oder andere Lichtschalter wird etwas länger
defekt bleiben, das Laub im Park wird etwas
später beseitigt, die Hecken etwas seltener
geschnitten. Ob dieser Effekt von den Gästen im
Sinne von etwas mehr "Gemütlichkeit"
positiv oder im Sinne von "Schlamperei"
eher negativ quittiert wird ist unklar.
Sicherlich hängt es vom Maß des Effektes ab.
Eine Personalreduzierung könnte
eine "Kriegserklärung" an das
Personal bedeuten. Es würde dann
vielleicht seinen Anspruch auf einen Betriebsrat
geltend machen und mit Ihnen auf
Konfrontationskurs gehen. Vielleicht müßten Sie
unter dem Strich sogar mehr Personal einstellen,
um letztendlich die gleiche Arbeit erledigt zu
bekommen. Vielleicht aber auch zeigt sich das
Personal beeindruckt von Ihrer Willensstärke und
Ihrem Mut. Die Angst der verbliebenen Mitarbeiter
vor einem Verlust des Jobs wirkt vielleicht
besonders motivierend. Es stellt sich die Frage,
wie sie Psyche Ihrer Belegschaft einschätzen
sollen.
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