Chronik gesellschaftlichen Wandels, 29.01.2003

Ich-AG als Unwort des Jahres 2002

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[1] Eine Jury aus 6 Sprachexperten wählte die Wortschöpfung "Ich-AG" zum Unwort des Jahres 2002.   <= Ich-AG
[2] Die Financial Times Deutschland schreibt in ihrer Ausgabe vom 21. Januar 2003:   <= Zeitungszitat
[3] Ausschlaggebend sei die Herabstufung von menschlichen Schicksalen auf ein sprachliches Börsenniveau gewesen, hieß es in der Begründung der Jury: "Ich-AG ist damit einer der zunehmenden Belege, schwierige soziale und sozialpolitische Sachverhalte mit sprachlicher Kosmetik schönzureden."   <= Menschliche Schicksale nicht ernst genommen?
[4] Es wurde also nicht das Wort als solches gerügt, sondern die Tatsache, dass damit ein eigentlich bedenklicher Sachverhalt beschönigt werde.   <= Euphemismus
[5] An anderen Stellen in der Presse hieß es, dass das Wort sehr treffend eine wachsende Tendenz hin zu individueller Verantwortung aber auch zu einem Verlust an Solidarität widerspiegele. Einzelne Personen, so ein Zeitungsartikel, müssten sich zunehmend ständig Gedanken über ihren "Börsenwert" machen. Wer keinen sicheren Arbeitsplatz hat, in Lebensabschnitten von wenigen Jahren denken und planen muss, der muss sich auch ständig fragen, wie sich sein Wert auf dem Arbeitsmarkt verhalte. Dies wiederum führe dazu, dass ökonomische Sachzwänge zunehmend ungemildert durch solidarische Gemeinschaft direkt auf Individuen einwirkten.   <= Individuum immer ungeschützter
[6] Mag man dies einerseits begrüßen, etwa im Zusammenhang mit vermeintlichen oder echten Faulenzern, Drückebergern und Tageträumern. Aber man darf nicht die starke Dynamik einer solchen Entwicklung verkennen.   <= Positiv ist vielleicht...
[7] Bedenklich kann es nämlich werden, wenn gesellschaftliche oder ökonomische Sachzwänge nicht mehr als solidarisch zu lösende Probleme aufgefasst werden, sondern die Initiative auf isolierte Individuen verlagert wird. Denn grundsätzlich kann sich ein einzelner schlechter gegen Druck behaupten als eine Gemeinschaft.   <= Negativ ist vielleicht...

[8] Denkbare Effekte sind:

  • Sinkende Löhne, ökonomische Ausbeutung
  • "Freiwilliger" Verzicht des Individuums auf eigene Rechte, vorlaufender Gehorsam
  • Steigende Bereitschaft, öfters den Wohnort zu wechseln, was wiederum Solidargemeinschaften und soziale Bindungen schwächen kann
  • Konformitätsdruck
  • Existenzangst als Grundlebensgefühl => verminderte Leistungsfähigkeit
  • Vielleicht auch wachsende Bereitschaft sich im Sinne eines Cyborgs aufrüsten zu lassen, falls das einmal möglich sein sollte
  • Vielleicht eine wachsende Bereitschaft, seine Kinder genetisch so zu optimieren, dass sie den äußeren Sachzwängen gerecht werden können
  <= Effekte der Ich-AG

April 2002: GLifeX - ein Konzern "saugt" Menschen auf...Eine Phantasie über die schleichende Vereinnahmung von Individuen durch Unternehmen

Die Verschmelzung von Individuen zu einem Überindividuum als Metapher[10] Betrachtet man eine Ökonomie als ein System, welches gewisse Anforderungen an seine Subsysteme stellt, um sich selbst optimieren zu können, so kann man die Tendenz zur Ich-AG vielleicht auch als eine nach innen gerichtete Gestaltungskraft ganzer Ökonomien verstehen. Vielleicht ist das Aufbrechen von Solidargemeinschaften und die zunehmende Exponierung von Individuen gegenüber kalten Sachzwangkräften übergeordneter Mechanismen ein konsequenter Schritt hin zur Verschmelzung von Menschen, Maschinen und sonstigen Komponenten zu einem Überorganismus. Der Überorganismus formt seine Innenteile: Endomorphose.   <= Überorganismus

Sachzwänge gegen individuelle FreiheitSachzwänge bestimmen sehr stark das Verhalten von Individuen

Der Gedanke eines Weltprozesses, in dem Individuen ständig in Überindividuen aufgehenGibt es eine dem Kosmos innewohnende Tendenz zu mehr Komplexität?


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