Wahrscheinlich
in unseren linken Gehirnhälfte liegt ein funktionales
Modul zur Erfindung von Geschichten; ein
Geschichten-Generator, Phantasien-Produzent,
Fabulierkünstler (siehe den Artikel von Gazzaniga,
unten). Er konzentriert die begrenzten Ressourcen des
Gehirns auf möglichst wahrscheinliche Realitäten. Bei
seinen "Planspielen" kann er aber auch auf
inkonsistente Erinnerungen stossen und somit deren
Bereinigung auslösen. Auf die Zukunft gerichtet, dient
er oftmals als erster Schritt bei Handlungsplanungen. Sie
stehen als Angeklagter vor Gericht. Dienstags abends
gegen 19.30 Uhr sollen Sie angeblich mit einem aus Ihrem
Kofferraum ragenden Baumstumpf ein geparktes Auto
beschädigt haben und anschliessend davongefahren sein.
Ein älterer Rentner tritt als Zeuge gegen Sie auf.
Sie sind tatsächlich schuldig, möchten aber Ihr
Recht in Anspruch nehmen, sich notfalls auch durch Lügen
verteidigen zu dürfen.
Also versuchen Sie zu beweisen, dass Sie zu besagter
Zeit gar nicht an besagter Stelle gewesen sind. Ihr
Geschichten-Generator entwickelt nun verschiedenste
Varianten, die natürlich in sich logisch-konsistent sein
müssen.
Auf einer Fahrradtour quer durch Afrika haben Sie mit
Ihrem einzigen Mitfahrer einen Tag "solo"
vereinbart. Unabhängig voneinander fährt jeder in eine
andere abgelegene Gegend um dort seinen Interessen
nachzugehen. Um sich wiederzutreffen, hatten Sie einen
Treffpunkt vereinbart, an dem Sie nun aber schon seit
Stunden vergeblich warten.
Was ist passiert? Was sollen Sie tun? Weiter warten?
Eine entfernt liegende Polizeistation aufsuchen? Zum
letzten Treffpunkt fahren? Das nächste Krankenhaus
aufsuchen? Versuchen Verwandte zuhause anzurufen?
In einer solchen Situation werden von dem
Geschichten-Generator im Kopf sicherlich viele mögliche
Varianten was passiert sein könnte und wie es
weitergehen könnte erzeugt. Der Generator wird dabei
umfangreich in Ihrem Gedächtnis kramen und mehr oder
minder realistische Szenarien ausmalen.
Gerade auch bei der optischen Wahrnehmnung erlebt man
den Phantasien-Produzenten oftmals in Aktion. Betrachtet
man den Würfel, erscheint er `mal von unten, `mal von
oben gesehen. Die Phantasie spielt hier verschiedene
denkbare Deutungen der Sinneswahr-nehmungen ein, welche
dann weiter überprüft werden können.
Wenn Sie die Schriftzüge
lesen, versucht Ihr Gehirn die fehlenden
Buchstabenteile sinnvoll zu ergänzen. Sie können dem
Phantasie-Produzenten dabei zugucken, wie er verschiedene
sinnvolle Ergänzungen vornimmt und dabei auch die
Gesamtwahrnehmung miteinbezieht.
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