Die Ideale der Humanisten: |
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Diese Seite handelt von der Schwierigkeit, humanistische Ideale unter der Wahrung rationalen Handelns zu erfüllen. Kann es sein, dass zwar Rationalität in einer isolierten Betrachtung Sinn ergibt genauso wie auch die Ideale des Humanismus in einer isolierten Betrachtung Sinn ergeben, dennoch der Versuch, beide Gedanken zu verbinden scheitert wie der Versuch die beiden Bauteile unten zu einem logischen Ganzen zu verbinden: | ||
1 Beginnen wir zuerst mit der einfachen Feststellung,
dass Rationalität eine wesentliche
Eigenschaft humanistischen Handelns sein sollte.
Rationalität ist für mich identisch mit der Akzeptanz
einer objektiv-formalen Logik. Die Mathematik ist in
diesem Sinnne die ideale Verkörperung des reinen
Rationalitätsbegriffes. Mathematische Regeln scheinen
unabhängig von Menschen und den materiellen
Eigenschaften der Welt zu gelten. Das Doppelte von zwei
ist immer vier. Dies zu leugnen wäre irrational. Wenn
die Naturwissenschaften nun immer mehr Abläufe in
unserer Welt durch mathematisch verankerte Formeln
beschreiben können, dann werden auch immer mehr solcher
Abläufe rational erfassbar: ein Stein im freien Wasser
wird nach unten sinken und nicht nach oben steigen. Etwas
anderes zu behaupten wäre irrational. Wir können also
festhalten, dass viele Abläufe in der realen Welt nach
rational fassbaren Gesetzmäßigkeiten ablaufen. Jede
Wirkung hat eine bestimmte Ursache und dazwischen liegen
logische nachvollziehbare rationale Mechanismen. |
Viele Aspekte der Welt sind rational beschreibbar. |
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2 Alle Beschreibungen von Humanismus beinhalten die Erreichung
bestimmter Ziele. Es ist nun ganz gleich, ob
diese Ziele in der Erzielung eines maximalen Glückes
für möglichst viele Menschen bestehen oder etwa in der
Vermehrung von Wissen. Auf das konkrete Ziel kommt es
nicht an. Worauf es ankommt ist die Tatsache, dass Ziele
des Humanismus als Wirkung von Ursachen aufgefasst werden
können. Und um diese Wirkungen zu erreichen gibt es es
objektiv-rational nachvollziebare Schritte die dazu
eingeleitetet werden müssen. Wenn man in der Meinung
über die notwendigen Schritte voneinander abweicht, dann
kann die Berechtigung dafür nur in unterschiedlichem
Wissen über den momentanen Zustand und die gültigen
Wirkmechanismen (=Naturgesetze) bestehen. Zwei Humanisten
die das gleiche Ziel verfolgen und den absolut gleichen
Kenntnisstand über die Welt haben dürften demnach in
ihrem Handeln nicht voneinander abweichen. Dies gilt
selbst dann, wenn der materiellen Welt ein Aspekt des
zufälligen anhaften sollte, wie es etwa durch die
Befunde der Quantenphysik nahegelegt wird. Denn selbst
mit dem Zufall lässt sich rational umgehen, nämlich im
Sinne statistischer Wahrscheinlichkeitsaussagen. Insofern
entbindet ein möglicher Indeterminismus in
physikalischen Abläufen alleine noch nicht von der
Gültigkeit der Aussage, dass Humanisten bei gleichen
Zielen und gleichem Kenntnisstand auch gleich handeln
würden. |
Humanisten mit gleicher Zielsetzung handeln bei gleichem Wissensstand immer gleich. |
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3 Es dürfte nicht schwer fallen einzusehen, dass
alleine das bisher Gesagte zur Aufgabe eines naiven
Konzeptes von Individualität zwingt. Denn was soll Individualität
in einer rational erfassbaren Welt denn sein?
Wie individuell wären wir, wenn man uns bloß das
gleiche Wissen zuteil kommen lassen müsste, dass wir
gleich handeln würden? Ich setzte hierbei voraus, dass
die bloße Einzigartigkeit der atomaren Anordnung unserer
Körper oder der raumzeitliche Erscheinungen unserer
Personen alleine noch nicht ausreichend für einen
befriedigenden Individualitätsbegriff ist. |
Verzicht auf den Begriff der Individualität? |
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4 An dieser Stelle sollte man innehalten und sich noch
einmal vergegenwärtigen, dass Rationalität an sich in
einem Widerspruch zu wahrer Individualität zu stehen
scheint. Dieser Widerspruch ist stärker als die Aussage,
dass es in einer vollständig determinierten Welt keinen
freien Willen geben kann. Denn das Diktat der
Rationalität im Sinne eines absoluten Imperativ
lässt echten Zufall zu und würde dennoch alle rational
handelnden Akteure zu gleichen Aktionen zwingen. Ein
freier Wille ergäbe so keinen Sinn, trotzdem es
vielleicht einen echten Zufall in der Welt geben könnte. |
Verzicht auf einen freien Willen "Eine Religion, die durch und durch wissenschaftlich erkannt werden soll, ist am Ende dieses Weges zugleich vernichtet." Nietzsche in: "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben", geschrieben um das Jahr 1873 |
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5 Unter diesem Aspekt verliert so manche
erstrebenswerte Tugend ihren Sinn. Was soll Toleranz noch
sein? Zwei Gedankenschritte gedacht und die Vorstellung
von Toleranz führt geradewegs in das Spinnennetz rationaler
Gefühlskälte. |
Der Verlust der Toleranz |
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6 Eine grenzenlose Toleranz kann es nicht
geben. Wie tolerant sollte man gegenüber der
Intoleranz sein? Sollte ein Jugendamt tolerant
sein gegenüber einem Vater der seine Kinder misshandelt?
Sollte ein Staat tolerant sein gegenüber einem anderen
Staat der Minderheiten unterdrückt? Sollte ein Demokrat
tolerant sein gegenüber einem Wahlergebnis welches einem
selbsterklärten Antidemokraten an die Macht verhilft? |
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7 Jede Antwort auf eine dieser Fragen wird zur Festlegung
bestimmter gemeinsamer Werte führen. Hat man
sich aber auf gemeinsame Werte - sprich Ziele im Sinne
von erstrebenswerten Wirkungen - geeinigt, dann ist alles
andere nur eine Frage der Rationalität und es gibt nach
dem oben gesagten keinen Platz für Individualität. |
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8 Einigt man sich aber zur Errettung der Toleranz nicht
auf gemeinsame Ziele, so verkümmert der Toleranzbegriff
zu dem sinnlosen Prinzip, dass sich jeder selbst der
nächste ist und das Gesetz des Stärkeren
gelten möge. |
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9 Das Buch "Schöne Neue Welt" von
Aldous Huxley verkörpert genau diesen Widerspruch.
Huxley beschreibt eine Welt, in der sich eine zukünftige
Gesellschaft auf die Erreichung von möglichst viel
Glück für möglichst viele Menschen in einer möglichst
stabilen Welt geeinigt hat. Dieses Ziel setzt sie mit
strikter Rationalität um und erreicht es auch. Was auf
der Strecke bleibt ist einzig und alleine die Illusion
der Individualiät. In Huxley`s Roman handeln alle
Menschen auf objektiv nachvollziehbare Weise. Was an dem
Buch betroffen macht ist unsere Hilflosigkeit, es
konstruktiv zu kritisieren. |
Die "Schöne Neue Welt" von Aldous Huxley |
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10 Wie denn ist die Vision angreifbar? Was macht sie zu
einer Schreckensvision obwohl das
größtmögliche Glück für die größtmögliche Anzahl
von Menschen erreicht wurde und wie könnte der Entwurf
einer besseren Gesellschaft aussehen? Wie könnte eine
Gesellschaft aussehen, wie könnte ein Individuum
beschaffen sein, welches gleichermaßen rational handelt
und dabei das Attribut "individuell" verdient? |
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11 Ich persönlich bin der Hoffnung, dass die Lösung
in der Beschränktheit unser Logik liegt. Hoimar
von Ditfurth schreibt, dass ein niederes wirbelloses Tier
seine Welt als genauso vollständig und abgeschlossen
empfinden könnte wie wir Menschen es tun. Das lässt die
Möglichkeit offen, dass auch wir Menschen nur einen
klitzekleinen Teilaspekt der Welt erfahren und erdenken
können. Und tatsächlich hinterfragen viele anerkannte
Philosophen die Allgemeingültigkeit unserer Vernunft.
Gödel und Wittgenstein wollen die Begrenztheit formaler
Logiken bewiesen haben. Platon verweist in seinen
Schriften immer wieder auf irrationale Elemente und der
amerikanische Psychologe William James sieht in einzelnen
Bewußtseinszuständen etwas Holistisches das sich nicht
weiter rational zerlegen lässt in sinnvolle
Einzelbestandteile. |
Seminararbeit über das Irrationale in Platons Ideenlehre und der Quantenphysik, 2001 |
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12 Und nicht zuletzt die Unsinnigkeit einer
Vorstellung von Unendlichkeit narrt nicht nur
Kinder, sondern auch Erwachsene können sich weder einen
unendlich ausgedehnten Raum vorstellen, noch können sie
sich einen beschränkten Raum vorstellen. Und eine
Alternative können sie sich auch nicht vorstellen. Wenn
aber der Begriff des Raumes genauso wie die Vorstellung
von Zeit trotz dieses fundamentalen Mangels ein zentraler
Bestandteil unserer Denkens ist, wie weit ist es dann mit
der Korrektheit unseres Denkens her? |
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13 Ich postuliere also - mehr aus Hoffnung denn aus Wissen - dass die menschliche Vernunft einfach noch zu beschränkt ist um die Widersprüche aufzulösen, die Begriffe Individualität, freien Willen und Rationalität voneinander abtrennen. In unserem Denken steckt ein verborgener Fehler, den es zu finden gilt. |
Das Gleichnis von den zwei Schächten |
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Zuletzt bearbeitet: Oktober 2001 |