Die Hauptverwaltung als
Gehirn
oder: Bionic Architecture?
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Das Gehirn
weist eine räumliche Sturktur nach funktionalen
Gesichtspunkten auf. Verschiedene Hirnbereiche sind für
verschiedene Aufgaben zuständig. Das Bild unten zeigt
eine (inzwischen überholte) Kartierung des Gehirnes in
einer Darstellung aus dem 19. Jahrhundert: |
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Kartierung der
Hirnfähigkeiten
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Analogie: in einem
Logistitkunternehmen
Ähnliche Gedanken auf Englisch: The phrenology
of knowledge work
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Ein Grund
für diese räumlich-funktionale Ausdifferenzierung ist
sicherlich die Optimierung der Datenübertragungskapazitäten:
Neuronen die oft Daten miteinander austauschen oder bei
denen es auf eine hohe Geschwindigkeit bei der
Datenübertragung ankommt rücken räumlich enger
zusammen als andere. |
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In Unternehmen
oder sonstigen Organisationen dürfte dieses Phänomen
umso deutlicher erkennbar werden, je großer die
Bedeutung einer schnellen oder billigen Datenübertragung
ist. |
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Spielen
die innerbetriebliche Kommunikation und
Datenverarbeitung in einem Unternehmen eine große Rolle,
so wird dieses Unternehmen wahrscheinlich zunächst seine
Mitarbeiter und Datenverarbeitungskapatzitäten an einem
Ort zentralisieren: |
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Zentralisierte
Datenverarbeitung eines Unternehmens
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Weitere Bilder und Animationen
über Bewusstein, neuronale Netzwerke und intelligente
Unternehmen <= Auf dieser
Seite geht es um das, was zwischen den drei Hochhäusern
passiert.
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Aber auch
wenn ein großer Teil der Informationsverarbeitung
bereits räumlich eng konzentriert ist, kann es weiterhin
sinnvoll sein Computer und Menschen nach dem
Gesichtspunkt einer Optimierung von Kommunikationskapazitäten
anzuordnen: |
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<= Gründe
für eine räumliche Gliederung von Menschen und
Computern |
- Personen zwischen denen ein ungezwungener,
informeller Informationsaustausch zwecks Gruppenkreativität
gewünscht ist sollten in Büros um geeignete
Treffpunkte wie etwa Cafeterien angeordnet
werden.
- Personen die oft an gemeinsamen Besprechungen
teilnehmen sollten ihre Büros nicht zu weit
voneinander entfernt haben.
- Personen zwischen denen kein Kontakt gewünscht
ist (z. B. Auftragsvergabe und Rechnungsprüfung)
sollten möglichst weit voneinander entfernt
sitzen.
- Betriebsüberwachung von zum
Beispiel Bergwerken oder Rangierbahnhöfen
sollten möglichst nahe am operativen
Geschehen sitzen um die schnelle und vor allem
sichere Übertragung von Prozessdaten und
sonstigen Informationen zu gewährleisten.
- Datenbestände und Anwendungen
die datenintensiv miteinander wechselwirken sollten
möglichst dicht beisammen liegen.
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Das Wochenmagazin "Der Spiegel" vom
25. März 2002 brachte ab Seite 194 einen Artikel über
die Londoner Firma "Space Syntax". Der
Amerikaner Thomas Allen habe nachgewiesen, dass Gruppenkreativität
davon abhänge, wie oft sich Mitarbeiter verschiedener
Abteilungen zwanglos über den Weg laufen. Alan Penn und
Bill Hillier wenden ihr Wissen mit Hilfe von
Computersimulation auf Gebäude und Städte an: die
Architektur spiegelt optimale Kommunikation wider. |
Die
folgende Animation soll illustrieren, welchen Vorteil
eine räumliche Restrukturierung von
Kommunikationsteilnehmern bringen kann: |
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Räumliche
Differenzierung & Kommunikation
Links: vor der Restrukturierung
Rechts: nach der Restrukturierung
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Kreise:
Computer, Menschen, Datenspeicher, Aktenordner... Rote Linien: Autofahrten,
Fussgänge, E-Mails, FTP, Datenaustausch generell
Statusbalken: Aufwand
der Kommunikation
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Die bunten
Kreise sind beliebige mehr oder minder
ortsfeste Bestandteile von Kommunikation:
Büromitarbeiter, FTP-Server, Aktenordner, Archiv,
E-Mail-Server, Besprechungszimmer... |
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Die roten
Linien bilden beliebige Kommunikationsvorgänge
zwischen den Bestandteilen ab: E-Mail-Verkehr,
Dienstfahrten, Fussmarsch in das Büro eines Kollegen,
Einsatz der Hauspost, Datenübertragung über Netzwerke
etc. |
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Die beiden
Statusbalken bilden die Kosten der
Kommunikation ab. Die Kosten einer nicht optimierten
Raumstruktur (links) fallen dabei sichtbar höher aus als
die kosten einer optimierten Raumstruktur (rechts). |
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Kosten
für Kommunikation können zum Beispiel sein:
- Abschreibungen von Investitionen in
Glasfasernetze, Computer, Kabelkanäle
- Schulungskosten für Netzwerkbetreuer
- Personalkosten von Firmenkurieren
- Personalkosten des Postdienstes
- Stromkosten der EDV-Anlage
- Softwarelizenzen für Kommunikationsanwendungen
- Ausfallstundensätzte von Mitarbeitern, die sich
aufgrund eines Autobahnstaues in einer
Besprechung verfehlten...
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Wenn man
nun eine Analyse der
Kommunikationsvorgänge in einem Unternehmen machen
würde, käme dabei wahrscheinlich heraus, dass zunächst
einmal die Kommunikation innerhalb klasssicher
Organisationseinheiten wie Arbeitsgruppen, Abteilungen
oder Aussendienstkolonnen besonders intensiv ist. |
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Die
zunehmende Vernetzung von Mitarbeitern,
die Schaffung flacher Hierarchien und der Einsatz ganz
neuer EDV-Technologien kann aber auch zu dem Ergebnis
führen, dass ganz neue Kommunikationsstrukturen zwischen
bisher kaum kommunizierenden Rechnern oder Menschen
entstehen. Interessant dürfte aber nicht nur die
Betrachtung kleiner Einheiten wie Menschen oder Rechner
sein, sondern auch die Betrachtung ganzer Abteilungen:
können sie in eine günstigere räumliche Lage gebracht
werden? Gibt es Abteilungen oder Rechnergruppierungen,
auf die mehr oder minder sternförmig zugegriffen wird?
Sollten diese in der räumlichen Mitte des Unternehmens
platziert werden? |
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Auch eine
Berücksichtigung von Sollzuständen
gegenüber einer reinen Erfassung von Istzuständen
sollte erworgen werden. Vielleicht haben die Mitarbeiter
den Öffentlichkeitsabteilung nur deshalb so mangelhaft
mit dem Betriebsrat kommuniziert, weil ihre Büros über
mehr als 7 Kilometer voneinander getrennt waren. Und
vielleicht läuft die Zusammenarbeit zwischen der
technischen Planung der Hauptverwaltung und den
Planungsbüros in den dezentralen Werken nur deshalb so
schleppend ab, weil kein gemeinsames Netzwerk für eine
gemeinsame Datenhaltung vorhanden ist. |
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Wie dem
auch sei, eine konsequente Anwendung einer räumlichen
Optimierung von Kommunikationsteilnehmern würde
wahrscheinlich zu einer räumlichen Wiedergabe
organisatorischer Strukturen führen. |
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Und wenn
man den Gedanken so weit trägt, dass vielleicht sogar
die Anwendung von Gebäuden und den Räumen innerhalb der
Gebäude nach solchen Überlegungen erfolgt, dass könnte
das Ergebnis vielleicht so etwas ähnliches sein, wie es
im Gehirn von Menschen als Ergebnis der
Evolution entstanden ist: |
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- Die integrativsten Funktionskomplexe
im Zusammenhang mit der Bildung von Emotionen und
Stimmungen (limbisches System) liegen zentral in
der Mitte des Gehirns.
- Das "Gedächtnismanagement"
ist eng mit dem limbischen System im Hirninneren
verwachsen.
- Eingänge von Sinnesdaten
(affektorische Signale) laufen an wenigen Stellen
des Gehirn in eng gebündelten Kanälen zusammen:
Sehnerv, Hörnerv, Rückenmark.
- Befehlssignale (motorische,
effektorische Signale) aus dem Gehirn an externe
Organe werden über eng geführte Kabelkanäle
geleitet (Rückenmark).
- Die "Stabsfunktionen" der Intelligenz
liegen im Neokortex, der Neuhirnrinde, um die
inneren Strukturen des Gehirns herum.
- Der Neokortex ist in sechs
horizontale Lagen aufgeteilt.
- Der Neokortex ist in vertikale
Säulen mit einem Durchmesser von etwa 3mm
aufgeteilt.
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Raumbezogene Eigenschaften menschlicher Gehirne Muss sich ein digitales Gedächtnis
von großen Organisationen räumlich differenzieren?
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Verfolgt
man den Ansatz einer kommunikationsbezogenen Architektur
konseqent weiter, dann könnte die typische
Hauptverwaltung eines großen Unternehmens in Zukunft
vielleicht so aussehen: |
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Bioarchitektur:
Hauptverwaltung als Gehirn?
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Erläutererung zum Bild sie unten im Text |
Die
großen roten Kabelkanäle im
Vordergrund stellen die Sinnesein- oder ausgänge dar:
Festnetzkabel zu anderen Firmen, zu eigenen
Niederlassungen, operativen Einheiten etc. Genau den
gleichen Zweck erfüllen die Antennen auf den Dächern
des U-förmigen Baus. |
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Der U-förmige
Bau entspricht der Hirnrinde. Hier sind
spezialiserte Abeilungen und
Informationsverarbeitungsbereiche angesiedelt, wie zum
Beispiel die Rechnungsprüfung, das technische
Controlling, die juristische Abteilung für Europarecht,
die Liegenschaftsverwaltung, die Fahrerdisposition etc.
Die räumliche Anordnung der Abteilungen in diesem Bau
spiegelt die organisatorische Säulen-Lagen-Struktur der
Hirnrinde wieder. In diesem Gebäude befinden sich eher
Rechner und bald vielleicht auch hybride Wesen. Die hier
verrichtete Tätigkeit besteht vor allem aus gut
algorithmisierbarer Wissensarbeit. Was Computer mit ihrer
massiven Rechenleistung oder per vorgegebener
Lösungswege bewerkstelligen können, wird im U-Bau
bearbeitet. Das |
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Die Säulen- und Lagenstruktur organisationaler
Intelligenz Phantasie: der Kanalmolch als
typischer Arbeiter im U-Bau?
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Der blaue
Dom in der Mitte ist vergleichbar mit dem
emotionalen System, der limbischen Struktur des Gehirns.
Es ist das sozio-limbische System des Unternehmens. Im
Dom arbeiten vor allem Menschen. Es gibt dort kaum
Computer. Das innere des Doms ist in verschiedene
Bereiche aufgeteilt die eher einem römischen Bad, einem
Palmengarten, einer Shopping Mall oder einem Freizeitpark
gleichen als einem Arbeitsplatz. Es herrscht durchweg
eine helle, freundliche Atmosphäre. Das Ambiente soll zu
einer entspannten Konzentration anregen. Es gibt dort
Räumlichkeiten die antiken Foren (Agora) ähneln, es
gibt stille Rückzugsbereiche und Lounges. Und vor allem
gibt es überall unaufdringliche Schnittstellen in das
IT-Netzwerk des Unternehmens. |
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Das sozio-limbische System von
Organisationen, Geld als Hormon und die Börse Phantasie: Chat Generator
unterstützt nützliches Plaudern
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Die
Menschen im Dom können auf großen Plasmabildschirmen im
Format mehrerer Quadratmeter in interaktive Virtual
Reality Räume eintauchen in denen Informationen
in hoher Qualität räumlich dargestellt werden können;
in einer menschengerechten Form. Die Interaktion der
Menchen mit diesen virtuellen Realitäten erfolgt im
Sinne intelligenter Zimmer: die Menschen können mit den
Händen zeigen, sprechen oder ihre Mimik einsetzen: die
intelligente Umgebung des Limbic Dome wird sie verstehen. |
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Der "Limbic Dome" stellt eine
Alternative zu der wenige wünschenswerten direkten
Verwachsung von Menschen und Computern im Sinne von hybriden
Lebensformen dar. Telepathische Chips: Stand der
Technik Ende 2001
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Die
Menschen im Dom werden aber auch über eine
zurückhaltend eingesetzte Nutzung telepathischer
Chips untereinander und mit der Computerumgebung
kommunizieren. |
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Phantasie: Brainnnet:
Human-Machine Interfaces der nächsten Generation |
Der Dom
verwirklicht die idealisierten Vorstellungen des Lebens
antiker Philosophen. Die Menschen hier werden durch ein
kommunikations- und denkförderndes Ambiente zu sozialen
Gruppen höchster Kreativität in der
Bearbeitung strategischer Fragen und kniffliger Probleme
verschaltet. |
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Menschengruppen als neuronale Netze:
über eine Habilitation von 1995 |
Die
sozialen Gruppen im Dom steuern dabei die kortikale
Aktivität im U-Bau. Aus dem Dom kommen
Vorschläge für komplexe Simulationen alternativer
Unternehmensentwicklungen. Der limbische Dom koordiniert
das Gedächtnis des Unternemens, die Menschen im Dom
steuern die begrenzte Aufmerksamkeit des Unternehmens:
welche Konkurrenzunternehmen werden enger betrachtet?
Welche Gesetzgebungsvorgänge müssen eng gemonitort
werden? Über welche Forschungsbereiche muss man auf dem
Laufenden bleiben? Und so weiter. |
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Artikel aus
"VDI nachrichten 28. Juni 2002, Seite 28:
Wohlfühl-Faktoren erleichtern Büroleben: "Das
Büro von morgen sei eine Mischung aus
Arbeitsräumen, Café, Schule, Museum,
Erholungscenter..." |
Die
beherzte Entscheidung Computern und Computernetzwerken
weitere Bereiche bisheriger menschlicher
Tätigkeitsfelder zu überlassen kann mit einer
gleichezeitigen Besinnung auf unsere besonderen Stärken
als "Gruppentiere" einen Aspekt unseres
zukünftigen Lebens vielleicht positiv gestalten. |
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Der Mensch als reiner Kostenfaktor,
als ökonomischer Ballast (Februar 2002)? |
Abschließen
möchte ich diese Seite mit einer metaphysischen
Spekulation. Falls die evolutiven Kräfte des
ökonomischen Wettbewerbes vielleicht wirklich einmal zu
einer Art Bioarchitektur zentralisierter
Unternehmenshauptverwaltungen führen, kann dies dann
Bestandteil eines mehr oder minder zwangsläufigen
Weltprozesses sein, in dem immer komplexere Gebilde
neuronaler Informationsverarbeitung entstehen. Und kann
es sein, dass der Grund dafür darin liegt, dass das
Bewusstsein sich lesen und steuernd an diese Strukturen
anheftet? |
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Gibt es einen erkennbaren Weltprozess hin zu
mehr Komplexität? Animierte Kurzdarstellung philosophischen
Spekulationen
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Ein Weltprozess hin zu
einem beseelten Kosmos?
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Philosophische Spekulation: werden Untenehmen
einmal ein Bewusstsein erlangen? |
Literatur zur Raumstruktur neuronaler Intelligenz:
Heylighen F.: Collective Intelligence and its
Implementation on the Web: algorithms to develop a
collective mental map. In: Computational and
Mathematical Organization Theory 5(3), 1999, Seiten
253-280.
Greene M.: Socio-spatial
analysis of four university campuses. In: Space
Syntax - First International Symposium Proceedings, 1997,
1: 13
Cohen J. et. al.: Temporal dynamics of brain
activation during a working memory task. In: Nature,
386, 1997, Seiten 604-608.
Walter S. et. al.: Functional topographic mapping
of the cortical ribbon in human vision with conventional
MRI scanners. In: Nature 365, Seiten 150-53 (1993).
Grajewski
T.: The SAS head office - spatial configuration and
interaction patterns. In: Nordic Journal of
Architectural Research, 1993:2, 63-74
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<= Fachliteratur zur funktional
räumlichen Ausdifferenzierung neuronal-intelligenter
StrukturenAllgemeine Literatur zur
neuronalen Intelligenz von Unternehmen
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Neuronale
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Hobby-Philosophie |
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