Wertesysteme
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Ist es
nicht so, dass wir eher an einer Überfülle an sich
guter Wertesysteme leiden als einem Mangel derselben? |
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Einzelne Wertesysteme |
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Die
öffentliche Meinung: die öffentliche Meinung
ist ein Wertesystem. Über Sätze wie "das macht man
nicht" oder "das gehört sich halt so"
werden schon Kindern die kollektiven Verhaltensmaßregeln
von Gesellschaften vermittelt, ohne dass man den Kindern
die Gründe dafür nennt. Vielleicht kennt man selbst die
Gründe dafür nicht. Aber in diesen Regeln haben sich
vielleicht Erfahrungen ganzer Jahrhunderte verdichtet und
es ist fraglich, ob man sich als einzelnes Individuum
über dieses kollektive Wissen der Gesellschaft stellen
sollte. Wenn fast alle Menschen als Antwort auf ein
großes menschliches Unglück eine Trauerminute auf der
Arbeit einlegen, sollte man sich dann als Individuum
davon distanzieren, falls man selbst keine Trauer
empfindet? Weiss nicht hier das Kollektiv aller Menschen
mehr, als das zweifelnde Individuum? Danach kann man gut
leben. |
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Marktlogik:
Marktwirtschaften funktionieren unter anderem nach dem
Prinzip, dass menschliche Arbeitskraft dafür verwendet
wird, die Bedürfnisse anderer Menschen zu befriedigen
und zwar mediiert über Marktmechanismen. Was der Markt
will ist gleichzeitig auch Ausdruck des Willens vieler
Menschen, da diese den Markt machen. Wenn ich den Markt
befriedige, dann befriedige ich oftmals implizit auch den
Willen einer großen Anzahl von Personen. Danach kann man
gut leben. |
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Kritische Stimmen zum Nutzen reiner Marktorientierung |
Gruppenloyalität:
man gehört als Mensch zwangsläufig verschiedenen
Gruppen an: Familien, einer Firma, einer Nation, einem
Verein und so weiter. Ist es nicht recht und billig, dass
man diesen Gruppen gegenüber eine Loyalität erweist
wenn man von diesen eine großen Nutzen erhalten hat? |
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Naturwissenschaft:
Die Naturwissenschaften zeichnen (scheinbar) das Bild
einer ganz sachlich ablaufenden Welt. Alles wird durch
Naturgesetze geregelt und menschlicher Geist und
menschliche Willensfreiheit sind Illusionen. Was passiert
passiert und es kommt wie es kommt. Es gibt keine Moral.
Moral ist Illusion. Danach kann man gut leben. |
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Gibt es doch einen freien Willen? Das Weltbild der klassischen Physik
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Mystik:
In mystischer Versenkung erlangt man oftmals
Einheitsgefühle mit dem Kosmos und religiöse
Offenbarungserlebnisse. Dies lassen sich aber nicht mit
Worten beschreiben, sie sind nicht intersubjektiv
vermittelbar: weil man nicht über die dort gefunden
Dinge reden kann, muss man es auch nicht. Danach kann man
gut leben. |
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Beispiel: die Mystik des Meister
Eckehart |
Innere
Stimme: Auf seine innere Stimme, vielleicht das
Gewissen, zu hören klingt vernünftig. Sie ist Ausdruck
ureigenster Individualität und Persönlichkeit. Ihr
zuwider zu handeln wäre Selbstverleugnung. Man hört
also am besten in sich hinein und was man dort vernimmt
bestimmt das Handeln. Danach lässt sich nicht so ganz
einfach leben, denn manche Menschen kennen nicht nur eine
innere Stimme sondern viele. Auch ändert die innere
Stimme schon einmal ihre Ansicht. Aber dennoch: dem
eigenen Gefühl, der Intuition zu vertrauen hat etwas
für sich. Damit lässt sich einigermaßen leben. |
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Gibt es ein "Ich"? |
Evolution:
Erdgeschichtliche und auch ökonomische Betrachtungen
legen nahe, dass ganz unabhängig von irgendwelchen
Wertesystemen stets immer nur derjenige überlebt und
sich fortpflanzt, der sich am besten durchsetzen kann.
Auch und gerade auf Kosten anderer. Anders zu denken mag
ehrenhaft sein, wird aber zu keinem nachhaltigen Ergebnis
führen, da ein freiwilliger Verzicht auf potenzielle
Evolutionsvorteile bloß dazu führt, dass man selbst
oder der eigene Genbestand zukünftig nicht mehr im
Rennen ist. Damit lässt sich ganz gut leben. |
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Lesetipps zur Evolution,
Genetik und dem Egoismus der Gene |
Wertesysteme kollidieren |
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Problematisch
wird es aber, wenn man nun in konkreter Anwendung
auf reale Probleme die grundsätzliche Berechtigung all
der einzelnen Wertesysteme anerkennt, sie aber
unterschiedliche Folgerungen nahelegen. |
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Betrachten
wir das stets aktuelle Problem der Entwicklungshilfe
und sehen wir dazu, was uns die einzelnen Wertesysteme
dazu vielleicht sagen mögen: |
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Eine Liste konkreter Probleme |
Öffentliche
Meinung: Ja man müsste schon mehr tun. Aber das
versickert wohl eh in Korruption. Ausserdem: wer soll das
bezahlen? Reden wir nicht zu oft darüber. |
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Martklogik:
Wer Entwicklungshilfe leisten will kann dies durch
Spenden unabhängig vom Staat tun. Wenn es keinen Markt
für entwicklungsfördernde Produkte (z. B: Fair Trade)
oder Dienstleistungen gibt, dann gibt es anscheinend auch
keine Bedarf. |
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Gruppenloylität,
z. B. Familie: Darf ich das hart erarbeitete und ersparte
Erbe meiner Vorfahren für zweifelhafte
Entwicklungshilfeleistungen vergeuden? Was würde
Großvater dazu sagen? |
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Naturwissenschaft:
Auf der einen Seite lindert Entwicklungshilfe akutes
Leid. Auf der anderen Seite gibt es den Effekt, dass
Spenden Selbsthilfeinitiativen unterdrücken. Der
Nettoeffekt bestimmter Entwicklungshilfemaßnahmen kann
noch nicht mit ausreichender Zuverlässigkeit bestimmt
werden. Es sind noch erhebliche Forschungsarbeiten dazu
notwendig. Also im Moment ist es aus dem aktuellen
Kenntnisstand heraus egal was man tut. |
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Mystik:
Das Kosmos ist eine Einheit. Jeder Mensch ist eine
Einheit mit allem und dennoch von diesem losgelöst in
seiner Einzigartigkeit. Entwicklungshilfe? |
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Ein Jesuit über den Kosmos |
Innere
Stimme: Eigentlich sollte man ja irgendetwas tun. Aber
was? |
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Evolution:
Jeder muss selbst gucken wo er bleibt. Europa hat seine
Lektionen auch selbst gelernt. Im Kampf ums Dasein muss
sich jeder selbst helfen. So ist es halt nun einmal. |
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Fazit:
Orientierungslosigkeit
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Wie soll
man sich nun verhalten? Welches Wertesystem schlägt im
Zweifelsfalle welches andere? |
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