Die Mystik des Bewusstseins |
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Denn eben wo Begriffe fehlen, |
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Bewusstsein ist uns dermassen vertraut und alltäglich, dass es schwerfällt, es zu beschreiben oder zu definieren. Eine allgemeingültige Definition scheint es nicht zu geben. Ich möchte zunächst einfach einige Eigenschaften von Bewusstsein beschreiben, ohne den Versuch einer definitorischen Eingrenzung zu unternehmen: | A poem by Maxwell | |
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Tor Norretranders on the question of awareness Tor Norretranders on what consciousness is not Tor Norretranders on holistic consciousness Eccles über das Bewußtsein als Abtastvorrichtung Richard Feynman on consciousness as a potatoe Intersuchtipps: die folgenden Personen beschäftigten sich (unter anderem) mit dem Phänomen "Bewusstsein":
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The basic idea of Gestalt psychology | ||
Bewusstsein scheint also unter anderem Neuartiges, Schmerzliches, Bedrohliches, Emotionsbehaftetes, Ungewöhnliches und Bewegtes zu begleiten. In unserem Unterbewusstsein werden ständig parallel zig Vorgänge bearbeitet die sicherlich ähnlich komplex und wichtig sind wie das momentan bewusst Erlebte. Wie aber wird entschieden, was von uns zu einem bestimmten Zeitpunkt bewusst erlebt werden soll und was im Unbewussten weiterverfolgt werden soll? Wer entscheidet, ob zuerst ein ungewöhnliches Auto im Verkehr bewusst wahrgenommen werden sollte oder eher ein für uns sehr interessantes Stichwort aus dem leise laufenden Autoradio? Ist es unser Ich das die Entscheidung trifft oder bildet das Bewusstsein bloß materielle Prozesse im Gehirn ab? | Tor Norretranders on the the bandwidth of
consciousness Tor Norretranders on consciousness as a spotlight Animation: Bewusstseinsinhalte enstprechen bestimmten neuronalen Erregungsmustern |
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Können wir Bewusstsein steuern? Machen wir dazu zwei Gedankenexperimente: | Tor Norretranders on the passiveness of consciousness | |
Für den ersten Versuch stelle man sich das Folgende vor: An jeder Tasse in unserem Haushalt wird man sich in Zukunft bei Berührung einen kräftigen Stromschlag holen. Kurz auf den Stromschlag wird zudem noch eine Hand aus der Tasse fahren und uns eine gehörige Ohrfeige verpassen. Dann verschwindet die Hand wieder in die Tasse. Wenn wir Bewusstsein frei steuern können, müsste es uns ohne weiteres gelingen, diese sehr absurde und unzweckmässige Vorstellung vollständig zu unterdrücken. Kein einziges mal wenn wir in unserem Haushalt eine Tasse anfassen, sollten wir durch diese Vorstellung belästigt werden. Gelingt uns das tatsächlich? | Tor Norretranders on the impotence of consciousness | |
Der zweite Versuch zielt genau auf das Gegenteil ab: Nicht etwas aus dem Bewusstsein zu verdrängen, sondern etwas im Bewusstsein zu halten ist nun das Zielt. Am besten legt man sich dazu gemütlich ins Bett oder setzt sich auf seinen Lieblingssessel und schliesst die Augen. Stellen wir uns dann eine Situation vom ersten Tag unseres letzten Urlaubes vor. Eine solche Vorstellung könnte zum Beispiel das Schleppen schwerer Koffer auf einem Flughafen oder ein Stau auf der Autobahn sein. Ist es uns möglich, diese Vorstellung für eine halbe Stunde im Bewusstsein zu halten? Oder wird es irgendwelchen Gedanken und Bildern gelingen, uns abzulenken. Falls dem so ist, sollte man sich gleich die Frage stellen, woher diese Gedanken und Bilder kommen und warum und nach welchen Kriterien gerade diese ins Bewusstsein eindringen konnten. | ||
Man sollte hier mit dem Lesen einen Moment innehalten und die beschriebenen Eigenschaften von Bewusstsein revue passieren lassen und gegebenenfalls um eigene Erfahrungen ergänzen. Alsdann sollte man versuchen in wenigen Worten zusammenzufassen was Bewusstsein ist beziehungsweise woran es geknüpft zu sein scheint. Dabei ist jede Aufzählung zuvermeiden. Abschliessend könnte man seine Antworten durch weiterführende Fragen testen wie zum Beispiel: | ||
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Henry Stapp on the superfluity of consciousness Libet will gezeigt haben, dass Bewusstsein eine direkte Folge - und nicht Ursache - von neuronalen Erregungsmustern ist. Norretranders beschreibt dazu ausführlich entsprechend Experimente. |
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These: Bewusstsein taucht dort auf, wo ein jenseitiger Beobachter und Manipulator viel sinnvolle Information für seine Zwecke erhofft. | ||
Je mehr man sich mit diesem Thema beschäftigt, desto mysteriöser kann es einem erscheinen. Persönlich stehe ich auf dem Standpunkt, dass unsere Welt auch ohne Bewusstsein so funktionieren würde wie sie es tut. Sie würde sich äusserlich nicht oder kaum unterscheiden. Bewusstsein ist für mich der Ausdruck eines jenseitigen Beobachters, der ständig quasi on-line entscheidet was ihn an uns interessiert und darauf seine Aufmerksamkeit lenkt. Seine Aufmerksamtkeit ist das was wir als Bewusstsein empfinden. Er hat die Möglichkeit unser Tun geringfügig zu beeinflussen und betrachtet jeweils das, was aus seiner Warte am wichtigsten bezüglich seiner Einflussnahme ist. Wahrscheinlich hat der jenseitige Wille grob und vorab definiert an welche Prozesse oder Konstellationen von Materie im Diesseits das Bewusstsein quasi automatisch angeheftet werden soll. | Meister Eckehart über den Seelengrund:
eine mystische Deutung von Bewusstsein Aldous Huxley über mystisch interpretierte Drogenerfahrungen |
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Die vom Bewusstsein dann eingefangene Information wird dem jenseitigen Willen dann ebenfalls automatisch zugespielt. Wahrscheinlich ist das Bewusstsein in uns Menschen an Dinge geknüpft, die für die Verbreitung von unseren Genen wichtig sind, also an Dinge, die über evolutive Prozesse herausselektiert worden sind. Wahrscheinlich sind es gerade diese Dinge, die dem jenseitigen Willen besonders viel über das Diesseits verraten (siehe dazu auch das Kapitel zur Aussagekraft und dem Auge des Bewusstseins). | ||
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Ist die Welt eine Computersimulation und das Bewusstein eine Art Berichtswesen für die optimale Steuerung des Weltprozesses (universe.exe)? | |
Abschliessen möchte ich dieses Kapitel mit einem Sinnbild: Man stelle sich eine turbulente Schlacht im zweiten Weltkrieg vor. Panzerverbände werden gegeneinander eingesetzt, Flugzeuge sollen die Bodentruppen unterstützen, die Marine soll Küstenabschnitte kontrollieren um eine mögliche Evakuierung von Truppen entweder zu ermöglichen oder zu vereiteln. Infanterie soll den Panzerverbänden folgen. Die Schlacht dauert mehrere Tage, umfasst einige 100.000 Personen und erstreckt sich über Entfernungen von mehreren hundert Kilometern. Ein General wurde nun mit der Führung mehrerer Divisionen beauftragt und muss inmitten des Schlachtengetümmels von Sekunde zu Sekunde zum Wohle des Ganzen entscheiden. Entweder Eroberungen vorantreiben oder einen möglichst günstigen Rückzug umsetzen ist die Devise. Die Lage ist unübersichtlich. Man weiss nichts genaues über die Pläne verbündeter ausländischer Verbände, man weiss nicht genau in welcher Stärke der Feind operiert. Man weiss noch nicht einmal auf 100 Kilometer genau wo der Feind steht. Man hat keine verlässlichen Wettervorhersagen zur Planung von Operationen an der Küste und in der Luft. Trotzdem müssen ständig Entscheidungen gefällt werden. Der General ist dazu von einem Stab von Beratern umgeben und steht ständig mit den ausführenden Offizieren in Kontakt. Um die Schlacht möglichst günstig zu lenken, müssen seine Entscheidungen auf der richtigen Information beruhen. Und um diese zu bekommen, muss er seine Aufmerksamkeit sehr gezielt auf die wenigen relevanten der vielen möglichen Informationsquellen richten. Leitet er beispielsweise eine zeitlich eng begrenzte Besprechung, muss er entscheiden ob ein gerade von der Front eingetroffener Offizier etwas über die aktuelle Lage in seinem Abschnitt erzählen soll, oder ob alternativ ein Stabsoffizier Erkenntnisse über die Nachschublogistik darlegen sollte. Ähnliche Entscheidungen wird er ständig in Abhängigkeit seiner momentanen Zielsetzungen zu treffen haben. Um sich etwas zu entlasten hat der General vielleicht einige Abläufe automatisiert. Vielleicht werden ihm zu bestimmten Zeiten bestimmte Berechnungen oder Berichte vorgelegt und bei bestimmten Ereignissen erstatten ihm automatisch bestimmte Offiziere Bericht. Eine genauso charakterisierte Situation wird in dem Tagebau eines englischen Offiziers beschrieben, nämlich die Invasion Belgiens und Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht sowie die Evakuierung von Dünkirchen 1940. | Animation zu einer Analogie: Abeilungsleiter verrichtet Wissensarbeit (knowledgework): auch dort ist es wichtig, aus verteilten Daten aussagekräftige Informationen zu generieren. | |
So glaube ich funktioniert unser Bewusstsein. Ein General aus dem Jenseits versucht uns ähnlich zu steuern wie eine Armee. Was wir als Bewusstsein empfinden sind die Berichte aus dem Diesseits die ihn im Jenseits erreichen. | ||
Abschliessen möchte ich diese Überlegung mit einem Zitat aus einem Buch mit dem Untertitel "Die Debatte um Künstliche Intelligenz, Bewusstsein und die Gesetze der Physik" des Physikers Roger Penrose: | ||
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Literatur zur Mystik des Bewusstseins Goller, H.: Geist ist mehr als Gehirn - Das Rätsel des bewussten Erlebens in materialistischer und funktionalistischer Deutung. In: Stimmen der Zeit 219, Dezember 2001, Heft 12 (Jesuitisches Magazin). Chalmers, D.: Das Rätsel des bewußten Erlebens. In: Spektrum der Wissenschaft, Februar 1996 Horgan, J.: Ist das Bewußtsein erklärbar? In: Spektrum der Wissenschaft, September 1994 |
Allgemeine Literatur zum Phänomen des Bewusstseins |
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