Die Irrationalität des Emotionalen

Was macht eigentlich die menschliche Persönlichkeit aus? Emotionen, Individualität, freier Wille und Spontanität werden sicherlich in der ein oder anderen Antwort auftauchen.

Greifen wir einmal beispielhaft die Emotionen heraus. Davon gibt es im allgemeinen Verständnis "gute" und "schlechte". Haß, Zorn, Rachsucht und Neid sind eher unerwünscht. Liebe, Verständnis, Einfühlsamkeit und Lebensfreude gelten als erstrebenswert. Die Gefühle sind Ausdruck individuellen Erlebens. Und wir geben zwar zu, dass uns manche Gefühle manchmal zu beherrschen scheinen, aber meistens haben wir doch den Eindruck, dass es gerade unsere Gefühle sind, die unsere Individualität ausmachen und aus denen heraus wir dann frei Entscheidungen treffen.

Diese Gefühle und das Konzept eines freien Willens erscheinen uns widerspruchsfrei: Sie sind in sich genauso stimmig, wie das folgende Bild:

Dieses Konstrukt ist in sich richtig...

Betrachten wir nun die Vernunft. Vernunft heisst etwa soviel, wie "logisch", "nachvollziehbar", "rational", "objektiv", "vermittelbar", "lehrbar" und so weiter. Vernunft ist insofern nichts Willkürliches. Die Vernunft an und für sich gilt unabhängig von Individuen, sie ist objektiver Natur. Auch die Vorstellung solcher einer Vernunft kann in sich widerspruchsfrei entwickelt werden, so widerspruchsfrei wie das folgende Bild:

Ein in sich stimmiges Konstrukt

Nun versuchen wir aber die Gedanken von Vernunft und freiem Willen zusammenzufügen. Gäbe es also eine objektive Vernunft, so würde dies heissen, dass ein und diesselbe Person in der gleichen Situation immer gleich handeln müsste. Denn die Vernunft wird einem sicher immer die eine beste Verhaltensweise nennen können. Eine individuelle Willensfreiheit und objektive Vernunft scheinen sich also gegenseitig auszuschließen; das Gesamtbild passt nicht mehr:

2 + 2 = 5 ? Eine Sammlung von Paradoxa, Aporien, logischen Zirkeln und moralischen Zwickmühlen

Und noch weiter: sogar verschiedene Personen müssten in ein und derselben Situation gleich handeln, wöllten sie denn der Vernunft Genüge tun. Und noch weiter: wenn wir vernünftig handeln wollen, dann haben wir keine Handlungsfreiheit. Denn wenn das Vernünftige für jede Lebenslage aus logischer Zwangsläufigkeit heraus das Beste vorgibt, dann dürfen wir keine Wahl ausüben.

Vernünftig = > Vorherbestimmt ?

Der Vernunftmensch als Roboter. Diese Schreckensvision war Gegenstand verschiedener Science Fiction Romane und Filme. In Aldous Huxleys "Schöne Neue Welt" aus den 1930iger Jahren handeln alle Menschen ganz nach der Staaträson. Sie sind vernünftig. Aber der Leser empfindet sie als seelenlose, abstoßende Automatismen.

Wir können also festhalten: Wir wären auf der einen Seite gerne vernünftig. Denn das Gegenteil - unvernünftig - scheint nicht erstrebenswert. Die Vernunft schließt aber Spontanität, freien Willen und Individualität aus.

Und das gleiche gilt auch für Gott. Können wir uns einen Gott vorstellen, der stets an die strikte Logik ethisch korrekten Verhaltens gebunden ist?

Wenn wir also beides bewahren wollen, den Wunsch nach Individualität und den gleichzeitig geltenden Wunsch nach Vernunft, so müssen wir die Lösung im Irrationalen suchen. Denn unsere Ratio findet keinen Ausweg aus dem Dilemma. Oder aber eine unserere Grundannahmen ist falsch. Was genau wäre also falsch an einem der beiden Teile des Würfels?

Dieses Konstrukt ist in sich richtig... Ein in sich stimmiges Konstrukt 2 + 2 = 5 ? Eine Sammlung von Paradoxa, Aporien, logischen Zirkeln und moralischen Zwickmühlen

Für die Individualität irdischer oder sonstiger kosmischer Lebewesen mag es noch einen Ausweg auf Zeit geben. Man kann sich vorstellen, seine eigene Individualität zugunsten der Individualität eines Überorganismus aufzugeben. Ehemals eigenständige Zellen mußten sich vor zighundertmillionen Jahren auch dem Diktat der Notwendigkeit des Wohles ihrer Zellkolonien oder höheren Organismen hingeben. Hätten sie dies nicht getan, wäre der Überorganismus und mit ihnen auch die Summe aller Einzelzellen zugrunde gegangen.

   

In diesem Sinn könnten wir uns vorstellen, unsere Individualität an einen entstehenden "globalen Organismus" oder Unternehmen als Lebensform zu verschenken. Wir gingen in dieser höheren Lebensform dann sozusagen auf. Aber das Problem wäre dann bloß verlagert. Denn auch die Überorganismen würden sich irgendwann einmal (hoffentlich) die Frage nach Gott und dem Sinn stellen.

Und vielleicht steht diesen Überorganismen dann eine Intelligenz zur Verfügung und eine neue Rationalität, die sich gegenüber der unseren so verhält, wie unsere gegenüber der Vernunft eines Schmetterlings.

  Der englische Autor Olaf Stapledon schrieb von etwa 1929 bis 1950 eine Reihe phanstasitscher Science Fiction Romane zu diesem Thema. Besonders in dem Buch "Star Maker" beschreibt er eine Reihe von kollektiven Wesen.

Der Jesuit Pierre Teilhard der Chardin schrieb um 1940 seine Visionen vom planetaren Geist auf der Erde nieder.


   
Eine Ebene höher: Quantenphysik & Religion: Versuch eines nicht-deterministischen Weltbildes und eines freien Willens Zwei Ebenen höher: Private Homepage über Quantenphysik, Religion, Weltprozess, neuronale Unternehmen, evolutionäre Ökonomie etc.
Quantenreligion Hobby-Philosophie
 

E-Mail Adresse
Kontakt