Vision: Was ist bereits heute erkennbar?

 
Voraussetzungen für die Genetisierung der Wirtschaft sind bereits heute vollzogen oder aber zumindest ansatzweise erkennbar. Man sollte dies, genauso wie auch die Vision selbst, nicht zu wörtlich nehmen. Vielleicht entwickeln sich die Funktionalitäten der zukünftig genetisierten Wirtschaft aus ganz anderen Keimen heraus und vielleicht werden es auch gar nicht die Investmentfonds sein, die eine so zentrale Rolle spielen. Vielleicht wird ein internationales Riesen-Ketten-Unternehmen (z. B: fast food) den Vorreiter machen. Aber das ist eben auch nicht wesentlich.

Es werden nun nachfolgend einige denkbare Ansätze zur Erfüllung der vier Voraussetzungen genetischer Evolution in der Wirtschaft erwähnt:

  1. Gleicher Erfolgsmasstab: alle an der Evolution beteiligten Individuen müssen sich an dem gleichen Erfolgskriterium messen lassen. Die zunehmende Globalisierung und die immer deutlich werdende Allmacht des Kapitals erzwingt, dass als einziges Unternehmensziel die Kapitalrendite eine Rolle spielen wird. Unternehmensziele wie die Sicherung einer nationalen Rohstoffversorgung, ein sozialer Auftrag, oder die Sicherung des eigenen Unternehmensbestandes werden immer mehr an Bedeutung verlieren.
  2. Kodierung des Bauplans: die Merkmale eines Individuums sind kodiert und dienen als Bauplan für die nächste Generation. Standardsoftware wie etwa SAP definiert und standardisiert präzise beschriebene Geschäftsprozesse. Ein neues Unternehmen welches mit SAP arbeiten will, wird diesbezüglich bereits per kodierten Bauplan errichet.

    Immer mehr Unternehmen legen ihre Personalstrategie, ihre Marktabsichten oder etwa ihre "Unternehmenskultur" in Unternehmensleitlinien fest.

    ISO 9000 und die Öko-Audit Verordnung sind andere Beispiele für eine übertragbare Kodierung von Unternehmensmerkmalen.
  3. Erfolg = Vermehrung erfolgsbeteiligter Merkmale: Die Anzahl der an die nächsten Generation weitergegeben Merkmale hängt von dem eigenen Erfolg ab. Hier sehe ich gegenwärtig eher die gegenteilige Tendenz verwirklicht: Anstatt neue wirtschaftliche Einheiten mit den Merkmalen bisheriger Erfolgsträger auszustatten, ist das Ergebnis wirtschaftlichen Erfolges vor allem die Fusion mit anderen Unternehmen. Dies mag vor allem mit der erst kürzlich in voller Radikalität eingesetzten Globalisierung zusammenhängen und in einigen Jahrzehnten seinen Abschluss finden. Man wird dann erkennen, dass eine Fusion nicht zwangsläufig zu mehr Wirtschaftlichkeit führt. Jede Fusion bedingt nämlich vollkommen neue Unternehmensstrukturen und -abläufe womit zwangsläufig einige der alten erfolgsfördernden Merkmale der Fusionspartner über Bord geworfen werden.

    Momentan könnte das Prinzip "Vermehrung bei Erfolg" am ehesten von Kettenunternehmen verwirklicht werden. Einzelhandels- oder fast-food-ketten eröffnen bei Erfolg einfach neue Filialen und übernehmen dabei weitestgehend die Merkmale der alten Filialen. Man lasse diesbezüglich einige Kettenunternehmen vor das geistige Auge treten: Aldi, Edeka, Shell-Tankstellen, Schlecker, McDonalds, Burger King und so weiter.

    Ein bedeutender Schritt in Richtung Genetisierung würde hier erfolgen, wenn einzelne Merkmale definiert und bei der Neugründung einer Filiale gezielt variiert werden würden. Alte Filialen könnten darüberhinaus in den Variationsprozess miteinbezogen werden, indem auch sie erfolgreiche Merkmale anderer Filialen zwangsweise übernehmen müssen; total-Benchmarking sozusagen.
 
  1. Variation: Genetische Mechanismen sorgen für eine effektive Variation kodierter Merkmale. Hier erkenne ich nur zaghafte Ansätze im gegenwärtigen Wirtschaftsleben. Vorsichtig könnte man das Gebaren einzelner Investmentfonds oder Grossunternehmen deuten: Über ihre Portfolio-Strategie versuchen sie Beteiligungsunternehmen "strategisch" zu bündeln und greifen auch erheblich in deren Zielsetzungen ein. Ist das Grossunternehmen nicht erfolgreich, gehen Beteiligungen an andere Unternehmen über. In vorsichtiger Deutung könnte man hier eine Beteiligung als ein Gen auffassen und das oftmals turbulente Kaufen und Abstossen von Beteiligungen seitens der Grossunternehmen oder Investmentfonds als "Rekombination".

    Der Gedanke lässt sich noch fortspinnen, über die stete Reduzierung von Unternehmen auf ihre "Kernkompetenzen". Setzt man Kernkompetenz gleich mit einem Merkmal, könnte sich aus einem extrem "kernkompetenzreduzierten" Kleinunternehmen eine Art "Genunternehmen" bilden. Jedes Kleinunternehmen steht für ein Merkmal (z. B: Kompetenz für Instandhaltung bei Störung, Kernkompetenz für agressive Werbung etc.) und kann mit anderen Kleinunternehmen zu Grossunternehmen (den Organismen) kombiniert werden.

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Zeitungsartikel von 2001 über den Drang zur Fokussierung auf das KerngeschäftInvestmentfonds zwingt Bayer Konzern zur Konzentration auf Kernkompetenz

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