Lebensweg: todgeweihte Optimierer als Unternehmensform

   

Die Spekulation über eine Genetisierung der Wirtschaft besagt knapp formuliert Folgendes: Die Eigenschaften von Wirtschaftsunternehmen sind zukünftig durch einen mehr oder minder präzisen Code beschrieben. In der Analogie zwischen Wirtschaftsunternehmen und biologischen Individuen hat dieser Code die Rolle des Erbmaterials. Die Optimierung der codierten Eigenschaften erfolgt über genetische Algorithmen: Bei jeder Neubildung eines Unternehmens, werden Code-Elemente bestehender Unternehmen verwendet und je nach dem verwendeten genetischen Algorithmus neu arrangiert (Rekombination, Mutation, etc.).

Die genetischen Algorithmen funktionieren nur, wenn es eine Selektion gibt: erfolgreiche Merkmale müssen anteilsmässig die weniger erfolgreichen Merkmale verdrängen können. Dies kann auf zweierlei Weise verwirklicht werden: Entweder sind die Unternehmen potentiell unsterblich und sie werden lediglich dazu gezwungen, statistisch ermittelte erfolgreiche Merkmale anderer Unternehmen zu übernehmen. Dies liesse sich als totales Benchmarking beschreiben. Oder die Selektion setzt auf der Ebene von Organismen (also ganzen Unternehmen) an und lässt diese nach einer gewissen Zeit sterben (Apoptose), sodass sie durch neuentstehende Unternehmen ersetzt werden können. Dies entspricht dem tatsächlichen Geschehen biologischer Evolution. Hier soll zunächst die zweite Variante betrachtet werden, der Lebensweg todgeweihter Unternehmen (das optimale Lebensalter todgeweihter Organismen/Unternehmen wird hier behandelt). In dieser Variante wird ein Unternehmen geboren, es durchläuft eine Kindheits- und Jugendzeit (Ontogenese), es altert und irgdwann wird des sterben (Thanatologie).


Die Geburt eines todgeweihten Unternehmens

An der Börse haben sich ausreichend Genaktien eines bestimmten Unternehmenstypes angesammelt, daß daraus ein neues Unternehmen entstehen kann. Die genetischen Algorithmen sorgen dafür, daß aus der Summe aller Genaktien ein schlüssiger Genstrang wird. Das Kapital der Börse muß jetzt in ein konkretes Unternehmen verwandelt werden.

Von Anfang an wird der Genstrang nun als Bauanleitung konsultiert. Gibt es Genaktien die etwas über das Geschlecht, Alter, soziale Herkunft etc. des einzustellenden Personals aussagen? Gibt es Genaktien die etwas zum Standort der Hauptverwaltung, zur Unternehmensstruktur, zu den Zielmärkten, zur Produktpalette, zur Instandhaltungsphilosophie und so weiter aussagen? Wenn ja, werden die beschriebenen Merkmale im neuen Unternehmen genauestens umgesetzt.

Es werden Menschen eingestellt, erste Gebäude entstehen, eventuell wird eine Produktion aufgebaut, Werbestrategien künden von dem Neuling auf dem Markt, das Personal wird zu Schulungen geschickt und irgendwann einmal werde die ersten Einnahmen erwirtschaftet. Das Unternehmen ist geboren.

Braucht das Unternehmen Kindheit und Jugend?

  Zitat aus einem betriebswirtschaftlichen Lehrbuch Angabe der Zitatquelle zu Unternehmensverfassungen: "Die Unternehmensverfassung stellt ein Regelungsamt dar, das 'die Gründung und Beendigung eines Unternehmens, sein Außenverhältnis ...betreffen.'"

Könnte man diese Wissenschaftsgebiet auch auf Unternehmen als individuelle Lebensformen anwenden?Suchtipps für`s Internet: Mit verschiedenen Lebensstadien (biologischer) Individuen beschäftigen sich die folgenden Wissenschaftsbereiche:

  • Thanatologie: Forschung über Sterben und Tod
  • Ontogenese oder Ontogenie: Individualentwicklung von der Zeugung bis zum Erwachsenenalter
  • Gerontologie: Altersforschung
  • Geriatrie: Altersheilkunde

Das Wort "Apoptose" bezeichnet den genetisch kodierten Selbstmord biologischer Zellen. Könnte es sein, dass auch Unternehmen einen in die Unternehmensverfassung einprogrammierten "Tod" sterben könnten? Kann man von Apoptose sprechen, wenn bereits im Gründungsvertrag einer bauwirtschaftlichen Arbeitsgemeinschaft, eines Joint Venture oder eines Rohstoffkonsortiums klare Regelungen zum Anlass und zum Abaluf der Beendigung des Unternehmens kodiert sind?

Beispielhafte und ansatzweise kodierung von KonzerneigenschaftenGenstrang eines Konzerns

Beispielhafte und ansatzweise kodierung bergbaulicher TechnikenGenstrang eines bergbaulichen Produktionsbetriebes: Strebtechnik

Die Entstehung lebender Unternehmen im Kontext eines übergeordneten WeltprozessesThemensprung: philosophische Spekulationen als Motivation dieser Gedanken


Literaturtipps zu "Bauanweisungen" von Unternehmen:

Brose, P.: Erkenntnisstand und Perspektiven von Unternehmensverfassungen aus interdisziplinärer Sicht. In: Die Aktiengesellschaft 26 (1984)

Eversheim, E. et. al.: Produktion und Management
>> Betriebshütte <<, Teil 1, 7. Auflage, 1996, Springer Verlag, ISBN: 3-540-59360-8, Kapitel 2.2

 


<= Fachliteratur

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