Chronik einer Endomorphose, 30. Juli 2000

Spektrum der Wissenschaft, Juli 2000, Seite 88 bis 92:

Computer mit Kapitänspatent
Künstliche Intelligenz auf der Brücke kann die Schifffahrt sicherer machen, aber vorläufig kaum wirtschaftlicher.

Der Autor Volker Bertram diskutiert in seinem Beitrag Nutzen und Grenzen von künstlicher Intelligenz auf Schiffen anhand des gegenwärtigen Standes der Technik.

Zunächst weist er darauf hin, daß in 80% der Seeunfälle die Seegerichte menschliches Versagen als Ursache feststellten.

Moderne Supertanker mit Kapazitäten von 300.000 Tonnen kommen aber bereits heute mit nur 20 Personen Besatzung aus, davon 8 Offiziere, 7 Seeleute sowie Küche und Steward.

Ein erster Schritt Richtung Automation wäre die Installation von Kollisionsvermeidungsprogrammen, integriert in Expertensysteme. Die Expertensysteme beinhalten Wissen über die internationalen Schifffahrtsregeln. Über Simulationen entlocken die Expertensysteme realen Kapitänen ihr Wissen, zum Beispiel darüber wie sie in einer bestimmten Situation reagieren würden.

Ein interessantes Problem stellt das Schweröl da. Es führt immer wieder zu Störungen and er Maschinenanalge die sich zwar übercomputergestützte Diagnosesysteme qualifizieren lassen, deren Behebung aber schwer zu automatisieren wäre. Autonome Reparaturroboter die sich eigenständig über das Schiff bewegen könnten sieht der Autor unter anderem aus Kostengründen noch in einer ferneren Zukunft liegen.

Einen großen Nutzen sieht der Autor in Kontroll- und Leitsystemen für Häfen ähnlich wie sie für Flughäfen schon längst gang und gebe sind.

Ein großes Interesse äußern abe vor allem die Militärs. Ein Computersystem könnte Objekte auf Kollisionskurs klassifizieren und zum Beispiel als angreifende Rakete erkennen. Dann würde der Computer einen Ausweichkurs vorschlagen und dabei Sandbänke, andere Schiffe (Kollisionsvermeidung) und die der Rakete dargebotene Angriffsfläche berücksichtigen. Verteilte Rechner könnten auch nach einem Treffer das Schiff steuern. Der Computer könnte auch Löschmaßnahmen an Bord auslösen und dabei berücksichtigen, wo sich gerade noch Menschen an Bord befinden.

Nach der Lektüre des Artikels gewinnt man den Eindruck, daß es eigentlich an Bord eines modernen Schiffes keine Tätigkeit gibt, die nicht bereits heute technisch durch Computer und Maschinen erledigt werden könnte. Lediglich Kostengründe - Menschen sind billiger - stehen dem noch im Weg.

Ich glaube wir tun gut daran, uns bereits jetzt an autonome Autos, Schiffe, Flugzeuge und irgendwann auch einmal Bauarbeiter, Taucher und so weiter zu gewöhnen.

Der Artikel zeigt sehr schön, daß der Mensch zukünftig nur dort noch präsent sein wird, wo er billiger ist als Computer und Maschinen. Es wird immer weniger Terrain geben, auf dem der Mensch "besser" ist als Computer oder gar nicht durch Computer erstetzt werden kann.

Schlaue Gen-Mause