Chronik einer Endomorphose, 7. Mai 2000

Obwohl seit den 1970iger Jahren bereits in der öffentlichen Diskussion, beeinflusst der befürchtete Klimawandel politische Entscheidungen nur unwesentlich. Besonders gut kann man diese am Image der Partei der Grünen ablesen. Sie wird weitgehend als eine Partei von realitätsfremden Idealisten betrachtet. Die "Realität", das sind Wirtschaft und Arbeitsmarkt, das ist Befriedigung persönlicher Freizeitbedürfnisse und der Ruf nach Mobilität (Auto, Ferntourismus).

Die folgenden kurz beschriebenen Artikel enstammen der Sonntagsausgabe der auflagenstärksten Zeitung Deutschlands, der Bild Zeitung .

Bild am Sonntag, 7. Mai, Seite 18
Mückenplage!
Schlimm wie nie, weil der Winter so mild war

Der Artikel spricht von "blutsaugenden Insekten", die "sonnenhungrige" Menschen in "Heerscharen angreifen". Die "Mückenplage" sei "in diesem Jahr schlimm wie nie". Die Bild Zeitung führt dies ebenso wie eine stark gestiegene Belästigung von Allergikern durch Pollen auf den ungewöhnlich milden Winter 1999/2000 zurück. Es wird ein "Schädlingsforscher" des Umweltbundesamtes zitiert, der erklärt, daß normalerweise Schädlingslarven durch kalte Winter dezimiert werden, was dieses Mal weitgehend ausblieb.

Dazu gab es Bilder einer blutsaugenden Mücke und einer spaziergehenden Frau mit Mundschutz (vor Pollen).

Auffallend ist, daß der Artikel nicht auf wirtschaftliche Konsequenzen einer solchen Tendenz eingeht. Daß der Forstwirtschaft Gefahr durch erhöhten Schädlingsbefall droht, daß auf die Krankenkassen durch Mückenstiche und Allergien erhöhte Ausgaben zukommen können, daß der Landwirtschaft Probleme hierdurch entstehen können, daß Wintersportgebiete durch warme Winter wirtschaftliche Einbußen erleiden können, daß ganz neue wenige wünschenswerte Arten die bisher auf äquatornähere Gefilde beschränkt waren (Skorpione, Malaria?) in Deutschland heimisch werden könnten, daß sich Fischbestände in Nordsee und Atlantik nach Art und Größe verändern könnten, all das wurde nicht angedeutet.

Bild am Sonntag, 7. Mai, Seiten 32 und 33
22 Millionen Menschen sind auf der Flucht vor Umwelt-Katastrophen
Seit zwei Jahren ist der frühere Bundesminister KLAUS TÖPFER Chef des Umweltschutzprogramms der UNO. Seine Bilanz ist erschütternd.

Bilder: Klaus Töpfer, in den 1980iger Jahren Bundesumweltminister unter Helmut Kohl, neben einer Fahne der UNO. Eine äthiopische Frau mit kaum bekleideten, halbverhungerten Kindern in der Wüste, ein von Wasser umspültes, zerstörtes Haus in den USA.

In einem Interview mit der Bild Zeitung sagt Töpfer unter anderem:

  • Die Umweltpolitik sei in den letzten Jahren aus der Mode gekommen.

  • Der Umweltschutz sei für viele Arme Länder eine unerreichbarer Luxus, wenn er mit der Ernährung der Bevölkerung als Interessenkonflikt kollidiere.

  • Die weltweite Erwärmung sei nicht mehr aufzuhalten, drastische Maßnahmen seien erforderlich.

  • 100 Milliarden DM bezahlten weltweite Versicherung im letzten Jahr für die Regulierung von Schäden durch Umweltkatastrophen. Das sei viermal soviel wie noch vor zehn Jahren.

  • Um 2025 werden etwa 9 Milliarden Menschen leben, die sich Kriege um Ressourcen wie sauberes Wasser und Boden liefern werden.

  • Es werde keine Inseln der Seligen mehr geben, weder in Europa noch in Nordamerika.

  • Wirtschaft, Wissenschaft und Regierungen müssen überzeugt werden, mehr zu tun: weniger Umwelt zu verbrauchen, mit Energie sparsam umzugehen, verstärkt auf erneuerbare Energien wie Sonnen- und Windenergie zu setzen.

Radiodiskussion Bio-Ethik