Chronik einer Endomorphose, 20.11.2002

Explosion der Gesundheitskosten
Haben schlechte Gene die Schuld?

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Seit mehreren Jahre sind die explodierenden Kosten des Gesundheitswesens kaum mehr aus Radio-, Fernseh- und Zeitungsmeldungen hinwegzudenken. Ganz gleich ob das zuständige Ministerium von einem Horst Seehofer, Andrea Fischer oder Ulla Schmidt (aus Richterich, bei Aachen) geführt wird: die Kosten steigen und steigen.   <= Kostenexplosion ist beharrlich
Fast immer werden mehr oder minder explizit verkrustete Verwaltungsstrukturen innerhalb der kassenärztlichen Vereinigungen oder der Krankenkassen sowie Korruption und Habgier der Pharmakonzerne verantwortlich dafür gemacht. Gerade heute wieder ging eine Meldung durch die Nachrichten, dass ein Dentallabor aus Mühlheim an der Ruhr gemeinsame Sache mit zig Zahnärzten gemacht habe: ahnungslosen Patienten wurden billige chinesische Zahnersätze als teure deutsche Produkte verkauft. Der Schaden soll nach einer ersten Schätzung bei 50 Millionen Euro liegen.   <= Gibt es einfache Gründe, klare Schuldige?
Aber kann man denn wirklich Phänomene, die es in vielen Wirtschaftsbereichen und Institutionen geben dürfte, alleine verantwortlich machen für ständig wachsende Gesundheitskosten? Oder gibt es vielleicht tiefer liegende Gründe?   <= Oder liegen die Gründe tiefer?
Etwas verwunderlich in der öffentlichen Diskussion ist die Ausblendung der Tatsache, dass der Explosion von Kosten auch eine Explosion von Leistungen gegenübersteht. Viele Krankheiten die früher nicht geheilt oder diagnostiziert werden konnten, stellen heute Routinefälle einer Behandlung dar. Und die Behandlungen werden zunehmend schmerzfreier. Darüber hinaus gibt es immer mehr ältere, behandlungsbedürftige Menschen. Und noch einen Grund könnte es geben: die "Verschlechterung" unseres Genpools.   <= Gibt es auch eine Explosion der Leistungen?
Im Jahre 1980 schrieb der angesehene und inzwischen verstorbene Wissenschaftsautor Hoimar von Ditfurth ein neunseitiges Essay in dem er zwei Gedanken miteinander verknüpfte, die heute zunehmend aktueller zu werden scheinen: Er argumentierte, dass immer mehr Menschen ein zeugungsfähiges Alter erreichen, die früher der natürlichen Selektion zum Opfer gefallen wären. Die moderne Medizin kann Asthmatikern, Blutern und Diabetikern ein fast normales Leben bieten, wohingegen sie früher mit einer hohen Wahrscheinlichkeit bereits in der Kindheit gestorben wären. Zitat aus dem Essay: "Wir bringen es nicht mehr fertig, erblich benachteiligte Vertreter unserer Gattung einfach ihrem Schicksal zu überlassen".   <= Hoimar von Ditfurth: Unbegreifliche Realität. Knaur Verlag. 1980. ISBN: 3-426-04803-5. Der Titel des Essays lautet: Wir haben gar keine andere Wahl. Eine Lanze für die Gentechnik.
Das aber bewirkt zwangsläufig steigende Gesundheitskosten, um jenen Menschen ein würdiges Dasein zu bieten, welche früher einfach gestorben wären. Müssen wir damit rechnen, dass in hundert Jahren fast alle Menschen mit Krankheiten und Behinderungen geschlagen sind, die vor den Zeiten der modernen Medizin allesamt "wegevoluiert" worden wären? Werden wir bald an brüchigen Knochen, schwachen Herzen, anfälligen Bronchien und überreizten Immunsystemen leiden? Und falls ja, welchen Anteil am Bruttosozialprodukt werden dann die Gesundheitskosten beanspruchen? Von Ditfurth reisst solche Fragen prägnant und anschaulich an.   <= schlechter Genpool = hohe Kosten?

Im Kosmos gibt es eine Tendenz hin zu höherer Komplexität...Animation zum philosophischen Hintergrund dieser Internetseite

Welche Lösungen sind denkbar? Hier wird Ditfurth drastisch: "Hat also recht, wer nach eugenischen Eingriffen ruft, nach Sterilisation und anderen Zwangsmaßnahmen?" Oder: "Die einzige Möglichkeit, unserer Gesellschaft von neuem die Segnung einer natürlichen Auslese zuteil werden zu lassen, bestünde darin, sie in die Steinzeit zurückzukatapultieren."   <= schlechte Lösungen
Für Ditfurth besteht die einzige Chance, aus dieser Sackgasse zu entkommen in einer "Flucht nach vorn". Der Mensch sollte die Möglichkeiten genetischer Manipulationen ergreifen, so Ditfurth. Er sah aber 1980 bereits voraus, dass die Gentechnik heftige Kontroversen auslösen würde: "Man glaubt die Argumente und Vorwürfe schon zu hören, die dann zwischen Kulturkritikern, Moraltheologen und Genetikern gewechselt werden." Ditfurth glaubt aber, dass die Gentechnik keine grundsätzlich neuen Aspekte in die Geschichte der Menschheit bringt. Schon die Entdeckung des Feuers brachte sowohl gute als auch schlechte Anwendungen mit sich. Und seit Anbeginn seiner Geschichte hat sich der Mensch versucht, von dem Einfluss der Natur zu emanzipieren, so Ditfurth.   <= Der einzige Ausweg: Gentechnik

Ein DFG-Forschungsantrag bezüglich Stammzellenforschung wird politisch heftig bekämpft.Mai 2001: Forschung zur angewandten Gentechnik ist in Deutschland äußerst umstritten, wie das Beispiel eines DFG-Antrages zeigt.

Werden wir unsere Gehirne bald "einschüsseln" lassen müssen?Juni 2000: werden wir bald unsterblich?

Unter diesem Aspekt wird die gegenwärtige Debatte über die hohen Gesundheitskosten vielleicht unter einem vollkommen falschen Gesichtspunkt geführt. Vielleicht sollte man vielmehr danach fragen, ob die hohen Kosten nicht ausschließlich durch eine aktive Manipulation des menschlichen Genpools gesenkt werden könnten. Doch scheint gegenwärtig für eine solche Debatte das nötige gesellschaftspolitische Klima nicht vorhanden zu sein. Überhaupt ist über die letzten Jahrzehnte eine starke Technikskepsis entstanden, wie man aus einigen Literaturbeispielen entnehmen kann. Wenn aber von Ditfurth recht hat, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Druck hoher Gesundheitskosten so stark ist, dass man die Gentechnik als einzigen Ausweg akzeptieren muss.   <= Gesellschaft nicht bereit zu einer offenen Debatte?

Pro und Contra der Gentechnik werden sehr engagiert diskutiert.Bundestagsdebatte über die Gentechnik aus dem Jahre 2001

Chronologisch sortierte Literaturliste über Gesellschaftsentwürfe, Utopien, Phantasien, die Life-Sciences etc.Literatur über die Rolle der Technik in gesellschaftlichen Prozessen

Interessanterweise stehen auch andere humanistisch geprägte Menschen dem Gedanken einer Gentechnik nicht unbedingt mit Angst und Ablehnung gegenüber. Der jesuitische Pater Teilhard de Chardin sprach schon 1940 offen über eine humane Form der Eugenik. Auch der englische Autor Olaf Stapledon plädierte 1931 in einem Radiobeitrag mit dem Titel "The Remaking of Man" (In: An Olaf Stapledon Reader. ISBN: 0-8156-2724-6) für eine aktive Gestaltung menschlicher Körper, jedoch sah er auch die Gefahren.   <= Humanisten für Gentechnik

Der Katholik Teilhard de Chardin sprach sich für eine humane Eugenik ausVisionen eines Jesuiten (1940)

Stapledon schätzte um 1930, dass die Gentechnik in rund 40 Millionen Jahren machbar sein werde.Olaf Stapledon: eine Phantasie über die Gentechnik der Zukunft

Ob nun die Gentechnik zu einem Segen oder einem Fluch für uns Menschen wird, das hängt sicherlich sehr mit davon ab, welche Visionen unseres zukünftigen Lebens wir zu schaffen in der Lage sind. Ganz sicher aber verdeutlicht die anhaltende Diskussion um steigende Gesundheitskosten, dass unsere Gesellschaft vor gewissen Fragen immer weniger ausweichen kann. Und immer nur auf die Standardsündenböcke "ineffiziente Verwaltungen, korrupte Funktionäre und geldgierige Pharmaindustrie" zu verweisen, verschleiert auf gefährliche Weise den tatsächlich anstehenden Diskussionsbedarf. Das hat Hoimar von Ditfurth bereits 1980 sehr deutlich formuliert.   <= Verknüpfung der Thematiken "Gesundheitskosten" und "Gentechnik" nötig!

Lose Sammlung von Medienzitaten zur Gentechnik aus dem Jahre 2002Einige Medienzitate aus dem Jahr 2002


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